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Die neuere Zeit

Italienische Renaissance
 

Die immer mehr und mehr erwachende Freude an der Natur, das Erstarken eines demokratischen, selbständigen Bürgertums brach die Macht der Kirche. Handel und Verkehr setzten mächtig ein, Kunst und Handwerk nahmen einen ungeahnten Aufschwung. Reiche Aufträge nun auch weltlichen Charakters gaben Gelegenheit zur Betätigung machtvoller Geisteskräfte. Meister von nie geahnter geistiger Größe und Fähigkeit traten in großer Anzahl auf den Plan, und, durchdrungen von der Erkenntnis der Schönheit griechischer und römischer Kunst, galten ihnen die Leistungen aus dieser Zeit als das beste Vorbild künstlerischen Schaffens.
 

    So wuchs unter diesen Einflüssen das Bestreben, als Ausdrucksmittel für die neue Zeit jene klassischen Formen zu wählen. Als Bezeichnung hiefür wurde das Wort Renaissance (Wiedergeburt) gewählt.

Aus den künstlerischen Leistungen dieser Zeit ist aber bald mehr als eine bloße Wiedergeburt geworden.

 

 

 

Wandvertäfelung aus Lübeck (um 1600)

 

Geschnitztes Frührenaissance-Ornament.
(Bayer. Nationalmuseum, München)

Nach tausend Jahren waren die Lebensgewohnheiten der Völker natürlich andere und entsprechend diesem neuen weltlichen Charakters ist die Renaissance wie keine andere der vergangenen Stilarten recht eigentlich zu einem Raumstil geworden. Für die in dieser Hinsicht entstandenen Schöpfungen bot die Antike keine Vorbilder, hier wurde Neues geschaffen, unter Verwendung von Motiven, die aus der Antike übernommen wurden. Auch bei der Ausbildung der Fassaden wurde der Antike gegenüber mit ziemlicher Freiheit gearbeitet. – So gelangte namentlich in Italien die neue Richtung zu hoher Blüte. Dort änderte sich durch die Wiederaufnahme der antiken Säulenordnungen und Gesimsbildungen das Fassadenbild der Bauwerke sehr wesentlich.

 

An die Stelle der im Mittelalter betonten himmelwärts strebenden Senkrechten trat die durch die Horizontalgliederung gegebene Wagrechte mit Sockel, Gurt- und Hauptgesimsen. Die Fenster schlossen oben entweder im Rundbogen ab, oder aber wurden sie noch häufiger als stehendes Rechteck mit profilierter Umrahmung und Gesimsabschluß ausgebildet (Abb. 62). In der ornamentalen Dekoration geschah sehr viel. Überlieferte stilisierte Formen wechselten mit naturalistischem Beiwerk ab. Aus dem stilisierten Akanthus wuchs ein Rankenwerk aus Blättern, Blüten und Früchten hervor, das oft unmittelbar in Tierköpfe und Früchte überging. Ferner waren Kompositionen unter Verwendung von Masken, Wappen und Schildern, Vasen, Kandelabern, Blumenkränzen usw. nichts Neues.

Ganz- oder Halbfiguren auf entsprechenden Fußpfeilern wurden zu Trägern ausladender Gesimsteile, an Balkonen usw. verwendet.

Die Portale waren wie die Fenster oben meist rundbogenförmig abgeschlossen und mit reicher profilierter Umrahmung oder mit Säulen und Pilastern geschmückt.

Ein großer Alert wurde auf die vornehme Innenausstattung der Paläste des Adels und reichen Bürger gelegt. Das mehrgeschossige Gebäude zwang zum Einbau eines Treppenhauses, das oft mit großer Pracht ausgestattet wurde. Die Wände blieben vielfach den Malern oder Bildhauern überlassen, welche in die plastisch oder gemalt angeordneten Felderteilungen Werke von kaum mehr erreichter Schönheit einfügten.

 

Einlegearbeit vom Jahr 1575

Zu den prächtigsten Werken in dieser Richtung zählt wohl das von Michelangelo Buonarotti, einem der ersten Meister der italienischen Hochrenaissance, erbaute Grabmal der Mediceer in St. Lorenzo, Florenz. Von ihm stammt auch das Hauptgesims des Palazzo Farnese.

    Im Gegensatz zum Mittelalter, dessen Mobiliar fast ausschließlich fest mit der Wand verbunden wurde, sind in der Renaissance die Möbel allmählich beweglicher und von der Wand unabhängiger gestaltet worden.

Eine große Rolle spielt bei der Möblierung der Wohnräume immer noch die Truhe. Dieses früher aus vier glatten Seiten zusammengebaute Möbel erhielt allmählich reiche Profilierungen, sowie Einlagen, Schnitzereien und Malereien. Nicht selten geschah dann auch eine Verbindung von Bank und Truhe dadurch, daß die Sitztruhe, zu der sich die frühere Koffertruhe immer mehr entwickelte, mit Arm- und Rücklehnen versehen wurde (Abb. 64 und 65). Die Rücklehne, die anfänglich die gleiche Höhe erhielt wie die Armlehne, ist dann später bei Prunkstücken häufig bedeutend erhöht und mit Gesimsen, Füllungen und reichem dekorativem Schmuck versehen worden.

    Für das Bett war ursprünglich immer noch der aus der Gotik übernommene kastenartige Umbau beliebt, nach und nach trat dann an Stelle des Umbaues ein auf den verlängerten vier Endpfosten der Betten ruhender Betthimmel oder Baldachin.

 

 

 


Prunkschrank von A.C. Boule.
(Aus »Lacroix, XVII. siècle«.
)




Die Mannigfaltigkeit in den formen der Tische wurde eine immer größere, vier-, sechs- und achteckige, sowie runde Platten tauchten auf. Anfangs erhielten diese meist dicken Platten schwere geschnitzte Füße, teils als Stirnwände, teils als freistehende Stützen ausgebildet, unter Verwendung von Löwenpranken, Delphinen usw. Die gleichen Schnitzereien finden sich auch an den Rücklehnen und Sitzstützen der in immer größeren Variationen auftretenden Stühle. Erst später gelangten dann die schlankeren gedrehten Säulen zur Anwendung.

Aus dem gotischen Faltstuhl wurde dann der von uns als Lutherstuhl bezeichnete Armlehnstuhl mit den gekreuzten Vorder- und Hinterbeinen. Zu dieser Zeit begegnen wir auch wieder den eigentlichen polsterarbeiten. An Stelle der vorher nur aufgelegten Decken und Teppiche tritt das aufgenagelte, mit Posamenten verzierte Polster.
    Als Vorläufer unseres heutigen »Sekretärs« diente ein Schreibmöbel, dessen Aufsatz, mit aufklappbarer Schreibplatte versehen, in seinem Innern eine Reihe von Fächern und Schubladen barg.
    Auch der zweiteilige Bücherschrank befand sich bereits im Gebrauch, auf dem tieferen Unterteil ruhte der ebenfalls mit zwei verschließbaren Türen versehene, etwas zurückspringende Aufsatz.


    Die Ornamente der italienischen Renaissance lehnten sich, wie schon bemerkt, zwar oft ziemlich streng an antike Vorbilder an, aber doch war in der Stilisierung von Pflanzen, Geräten, Masken, Waffen, Tier- und Menschengestalten der Phantasie ein großer Spielraum gelassen. Neben der Schnitzerei ist hier vor allen Dingen auch die Einlage zu nennen. Die früher vorwiegend geometrischen Motive wurden etwas zurückgedrängt und an ihre Stelle trat eine sich an die Malerei anlehnende, überaus reiche Ornamentation, gebildet durch Einlagen farbiger Hölzer verschiedenster Art.

 

 

Barockfauteuil.
(Aus Timms & Webb, »Die 35 Möbelstile«, Verlag A. Koch, Darmstadt.)

 


    Von Italien aus hat sich dann diese ganze neue, damals mit »antikisch« bezeichnete Kunst allmählich über die übrigen Länder ausgebreitet, so daß außer der italienischen noch eine französische, spanische, deutsche, niederländische und englische Renaissance unterschieden werden kann.
    Der Hauptsache nach sind diese Epochen der südlichen, sowie andererseits der nördlichen Länder so miteinander verwandt, daß in Rücksicht auf den Zweck des vorliegenden Werkchens hier nur noch die deutsche Renaissance in Betracht kommt.
 

 

Deutsche Renaissance


    In Deutschland bürgerte sich die neue Richtung nur sehr langsam ein. In erster Linie war hier die Gotik so heimisch geworden, daß fremde Einflüsse auf stärkeren Widerstand stoßen mußten. In zweiter Linie fehlten im Norden jene Überreste antiker Kunst, die in Italien die Quelle für das Studium der neuen Richtung abgaben, vollständig. Auch die Reformation brach zu dieser Zeit herein und führte zu mancherlei Kämpfen, so daß erst ums Jahr 1500, also bald 50 Jahre später wie in Italien von einem Beginn der deutschen Renaissance gesprochen werden kann.

   

Die nordischen Meister erhielten vielfach ihre Anregungen indirekt und nicht immer durch wirklich mustergültige Beispiele der italienischen Kunst. Im Gegensatz zu dieser lehnte sich die deutsche Renaissance weniger an die Antike an, sie hat sich im Lauf der Zeit zu einem selbständigeren, malerischeren und gemütlicheren Stil entwickelt. An Stelle der großzügigen Geschlossenheit im architektonischen Aufbau tritt bei diesen Arbeiten die Auflösung in alle die Einzelheiten an Dekorationsgliedern wie Gesimsen, Säulen, Pilaster, Konsolen, Hermen u. dgl.
    Im Gegensatz zur vorangegangenen gotischen Periode ruhte der Kirchenbau fast vollständig, am Wohnhaus wurde die Giebelbildung charakteristisch. Er erscheint sowohl an der Schmalseite, wie auch als Ziergiebel mit dekorativem Ausputz an der Langseite der Häuser. Ferner traten, die meist reich ornamentierten Erker, sowie Balkone und Treppentürme sehr oft in die Erscheinung (Abb. 68 und 69). Als Abschlußstücke der architektonischen Gliederungen nach oben kamen nun die kugelförmigen oder eckigen, obeliskenartigen Aufsätze in Aufnahme.
    Die Gliederung der Gesimse läßt sich mit derjenigen der Antike nicht vergleichen. Die Säule wurde selten in streng antiker Form verwendet, sie erhielt sowohl im Fuß als auch im Schaft aufgelegtes Ornamentwerk oder Kannelierungen verschiedener Art.

 

 

 

Bettstelle von Marot


    Im plastischen Ornament wurde wohl zunächst das Blatt und Rankenwerk der italienischen Renaissance übernommen und in derberer Behandlung ausgeführt, später kommt aber das für die nordische Renaissance so bezeichnende Bandwerk auf.

 

Es löst sich als Flachornament in lineare, durch Stege verbundene Verschnörkelungen, deren Enden nach oben aufgebogen, bzw. gerollt erscheinen. Dieses Bandwerk kehrt auch in der gern verwendeten Einlage wieder und ist hier noch mit leichtem Rankenwerk durchflochten. Die Räume sind bedeutend niedriger als im Süden, Wände und Decke schmückt meistens eine Holzverkleidung. Neben der aus der Gotik übernommenen Balkendecke wurde allmählich die aus Italien eingeführte Kasettendecke beliebt. Sie bestand aus verschiedenartigen Feldereinteilungen mit mehr oder weniger reichen Profilierungen.

Friese und Füllungen dieser Kassetten wurden nicht selten reich mit Schnitzereien, Einlagen und Flachornamenten geschmückt. Auch die Täfelungen bestanden ursprünglich nur aus glatten Felderteilungen, höchstens die Türumrahmungen erhielten eine architektonische Ausbildung. Reichte die Täfelung der Wände nicht bis zur Decke, so blieb der obere Teil der Wände in weißem Putz belassen und diente zur Aufnahme von Dekorationsgegenständen, Bildern usw. Seltener wurden als Wandbekleidung Stoffe sowie die kostbaren Ledertapeten verwendet.






Schnitzerei an einer Eichenholztür aus Paris.
(Aus »Musterornamente«, Verlag J. Engelhorn, Stuttgart.)

 

Am Mobiliar begegnen wir in der Frührenaissance noch seltener architektonischem Zierat, höchstens dort, wo es sich um vollständig eingebaute Schränke usw. handelt. In der Übergangszeit finden sich nicht selten Möbel in ausgesprochen gotischem Aufbau, an dem nur die Schnitzereien der Füllungen das allmähliche Vordringen des neuen Stils erkennen lassen . In ganz deutlicher Weise tritt an diesen Möbeln der aus Stollen, Rahmen und Füllungen bestehende Zusammenbau zutage; diese Rahmen sind nicht selten ziemlich breit gehalten und mit geschmiedeten Beschlägen geschmückt ), die Füllungen mit Ornamenten bedeckt, deren Mittelpunkt meist ein männlicher oder weiblicher Kopf bildet . Das Ornament erscheint immer der Konstruktion untergeordnet, gewissermaßen nur die Wirkung der letzteren unterstützend. Erst später wurden dann die antiken Gliederungen der Steinarchitektur, Gesimse, Säulen, Pilaster usw. als Dekorationsmittel herbeigezogen und in den Übertreibungen so weit gegangen, in der Vorderfront mancher Schränke ganze Häuserfassaden nachzuahmen.
    An dem zur Zeit der Gotik mit einem Holzdach versehenen Nischenbett verschwanden allmählich die vollen Wände am Fußende, vielmehr wurden die Stollen der Häupter nach oben weitergeführt und, mehr oder weniger reich verziert, als Träger eines Baldachins verwendet.


An reicheren Stücken dienten als Träger sogar reichgeschnitzte Hermen oder ganze Figuren. Das Kopfteil erhielt meist eine dem Mobiliar angepaßte, aufsatzartige Ausbildung mit Gesimsstücken und Bildhauereien. Das Bett selbst blieb entweder wie früher in der Zimmerecke stehen oder es fand seinen Platz in der Mitte der Wand, nur mit dem Kopfteil sich an diese anlehnend. Je nach dieser Aufstellung wurden dann auf zwei oder drei Seiten des Baldachins Vorhänge als Abschluß des Lagers angebracht. Diese Vorhänge haben dann namentlich in Frankreich zur Entfaltung einer großen Pracht gedient. Den oberen Abschluß dieser Dekorationen bildeten in dieser Zeit meist Lambrequins mit geradlinigen oder ausgeschnittenen Konturen und reichen Stickereien und Posamenten.

 

So hat sich dann nach und nach aus diesem in seiner Grundform eigentlich immer noch an das Mittelalter erinnernden Nischenbett allmählich das mit einem zeltartigen Baldachin versehene Stoffbett herausgebildet, das mehr in das Arbeitsgebiet des Tapezierers als in das des Schreiners zu rechnen ist. Bei Besprechung der späteren Stilarten werden wir dann auf diese Form der Bettstellen wieder zurückkommen.
An Sitzmöbeln entstanden in dieser Zeit immer mehr Variationen.
Der Hocker oder Schemel bestand meist aus einem Gestell von vier mit Aussägereien verzierten schräg zusammengeleimten Seiten, die den Holzsitz zu tragen hatten. Seltener waren jene Stücke mit den in die Sitze eingezapften, schrägstehenden, runden oder kantigen Füßen.


Die zusammenklappbaren Hocker, die wir bereits bei den Ägyptern und Griechen  vorfanden, wurden zum Taburett. Die gekreuzten Beine blieben wohl beibehalten, der Sitz erhielt aber ein festes Polster, so daß ein Zusammenhalten ausgeschlossen war.

 



Stuhllehnen aus dem 17. Jahrhundert, deutsch. (Gewerbehalle.)

 

 

Die immer stärker hervortretende Verwendung von Stoffen aller Art sowie Leder hat dann sogar noch dazu geführt, die Füße dieser Sitzmöbel unter Zuhilfenahme von Ziernägeln mit diesen Materialien zu verkleiden.
An Stelle des gotischen Faltstuhls  trat diese sich immer mehr einbürgernde Form. Die sich kreuzenden Beine bilden nicht mehr die seitlichen, sondern nunmehr die vorderen und hinteren Stützen des Sitzes. Durch Verlängerung der Hinter- und Vorderbeine nach oben entstanden Rücklehne und Armlehnstützen. Die Gurten des Sitzes wurden durch das bequemere feste Polster ersetzt, auch die Rücklehne erhielt an Stelle des vorher meist aus Holz bestehenden Kopfstückes ein an dieser Stelle zwischen die Hinterfüße eingehängtes Polster.

Ähnliche Kombinationen finden wir auch bei dem aus senkrechten Stollen zusammengesetzten Stühlen und Lehnsesseln. Auch an diesen wurden die Vorder- und Hinterbeine durch teilweise reich geschnitzte Querstücke miteinander verbunden und ein solches im oberen Teil der Hinterfüße zugleich als Rücklehne benützt; der Sitz bestand in der Regel aus einem leicht ausgerundeten Brett. Nicht selten trat aber auch hier an Stelle des Holzes das bequeme Polster.

Überhaupt wurde jetzt im 16. Jahrhundert die Polsterung allgemein verwendet und Posamenten und Nägel zur Ausschmückung herbeigezogen. Als Bezug dienten in diesen Zeiten schwere Stoffe, meist roter Samt oder Leder.
Die Grundform der Bänke blieb anfangs dieselbe wie die in der Gotik, nur an der Ausschmückung machten sich die neuen Formen bemerkbar.

 

Wanddekoration von G.M. Oppenort

 

Das Bestreben, alles Mobiliar unabhängiger von der Wand zu gestalten, brachte natürlich auch für dieses Möbel manche Umwandlungen mit sich. Die hohen Rückwände der Truhen, in die Täfelungen der Zimmer eingebaut und diese teilweise ersetzend, wurden niederer. Auch die schweren Truhensitze weichen der leichteren Stollenkonstruktion, die wir bereits schon an den Stühlen beobachteten. Zu diesem leichteren Unterbau schienen dann auch wohl die vollen Wände der Arm- und Seitenlehnen nicht mehr zu passen, sie wurden bald durch die in mannigfaltigen Profilierungen gedrehten Baluster ersetzt.
    Der ursprüngliche Charakter der Bank, die früher meist als Lagerstätte, oder bei Benützung durch einzelne Personen als Ehrensitz benützt wurde, ging verloren, dagegen erhielt sie, namentlich auch durch die hinzutretende Polsterung, allmählich die Bedeutung unseres heutigen Sofas.
    An den viereckigen länglichen Eßtischen finden wir noch lange die bisher üblichen zweierlei Grundformen, Tische mit seitlichen Stirnwänden und solche mit freistehenden, senkrechten oder schrägen Füßen (Abb. 73, 74 und 74 a). Natürlich machte sich aber die durch die »neue Richtung« hervorgerufene Wandlung an den Schmuckformen sehr deutlich bemerkbar.
    Für Niederland und Norddeutschland sind die senkrecht stehenden Füße charakteristisch, deren Grundform eine stark ausladende, an eine Vase erinnernde Dreherei bildet. In Süddeutschland dagegen waren hauptsächlich Tische mit schrägstehenden, ebenfalls gedrehten Füßen beliebt, die in ihrem oberen Teil kräftige kugelförmige Ausladungen erhielten. Bei beiden Arten dienten kräftige Stegverbindungen dazu, dem Gestell den nötigen Halt zu geben.


Saal aus Schloß Fontainebleau (Gurlitt), Louis XV

An Tischen mit runden, quadratischen oder vieleckigen Platten findet sich oft in der Mitte ein schwerer Fuß, der die verschiedenen, die Platte tragenden Konsolen aufnehmen mußte.


    Das Schrankmobiliar wurde, des sich immer mehr steigernden Luxus und der zunehmenden größeren
Behaglichkeit wegen, immer mannigfaltiger; die Truhe, eines der wichtigsten Möbel vergangener Epochen, blieb zwar immer noch beliebt, erhielt aber durch Schränke aller Art starke Konkurrenz.
Als Übergang von der Truhe zum eigentlichen Schrank ist wohl ein Möbel zu betrachten, das seiner Herkunft nach mit »rheinischer Stollenschrank« bezeichnet wird. Auf ziemlich hohen, runden oder eckigen Stützen, die durch einen kräftigen Sockel miteinander verbunden sind, ruhen zwei Schubladen und aus diesen wieder ein truhenartiger, meist aus drei Türen gebildeter Kasten. Die Friese der Türen zieren durchbrochene, mit farbigem Leder unterlegte Bänder, die Füllungen erhielten meist reiche Schnitzereien mit dem schon vorerwähnten männlichen oder weiblichen Kopf im Mittelpunkt.

Je nach den Lebensgewohnheiten und Wohnungsverhältnissen der verschiedenen Nationen haben sich dann im Laufe der Zeiten Schrankformen herausgebildet, denen wir in den betreffenden Gegenden immer wieder begegnen. So sind z.B. für die Schweiz jene ganz in die mindestens zwei Meter hohe Wandvertäfelung eingebauten Buffets charakteristisch. Sie weisen die heute noch fast ausschließlich angewandte Zweiteilung in Ober- und Unterteil auf.
    Die zwischen beiden Teilen belassene Nische wurde zum Abstellen der Speisen und Getränke, Aufstellen der Prunkgeräte usw. benützt. In Süddeutschland und Tirol dagegen finden sich mehr jene Schrankformen, die aus zwei aufeinandergestellten, gleichmäßig ausgebildeten Einzelstücken zu bestehen scheinen.

An diesen Stücken wurde dann, was Profilierungen, Säulenstellungen, Pilaster, Einlagen usw. anbelangt, oft ein großer Reichtum entfaltet.

 

 

 

 


Fauteuil aus Schloß Fontainebleau, Louis XV.

 

In Norddeutschland und dem Niederrhein war dagegen mehr der Aufsatzschrank heimisch, in einer Teilung, wie sie in unserer Zeit in ähnlicher Weise, nur natürlich bedeutend leichter, an der Stapelware der »Salonschränkchen« und »Vertikos« angewendet wird. Das ziemlich hohe Unterteil bestand aus zwei Türen mit zwei darüberliegenden Schubladen. Der offene Aufsatz, viel weniger tief als das Unterteil, erhielt seinen Abschluß durch eine Gesimsplatte, die hinten durch die Rückwand und vorn durch zwei gedrehte oder kantige, nicht selten reichgeschnitzte Stützen getragen wurde.
 

    In den Ornamenten der deutschen Renaissance finden sich nicht nur Anlehnungen an die Antike, sondern auch vielfach an die orientalischen Stilarten. Auch Motive aus der gotischen und romanischen Zeit blieben noch lange erhalten.

    In der Frührenaissance wird zwar das Rankenwerk aus Italien übernommen, aber nicht so elegant durchgearbeitet wie jenes. Die Ausläufer der Ranken endigten meist in Schneckenlinien, Delphinen usw. (Abb. 77). Die Intarsien erinnern oftmals an den maurischen Stil. (Abb. 78.)
    Das sehr häufig angewendete Flachornament scheint aus einem Bandwerk zu bestehen, verbunden durch geradlinige Stege (Abb. 79). Seine schneckenförmigen Endigungen wurden allmählich immer höher aus dem Grund herausgehoben, vesp. aufgerollt. Dieses Aufrollen und Durcheinanderstecken der einzelnen Endigungen hat die Ornamente schließlich vollständig vom Grund abgetrennt, so daß sie dann allmählich als selbständige Schilde und Kartuschen an allen möglichen Stellen aufgesetzt worden sind.



Konsole aus Schloß Fontainebleau, Louis XV

    Im Gegensatz zum Mittelalter blieb in Ermangelung glatter Flächen an den Außenseiten der Möbel die Verwendung schmiedeeiserner Beschläge nur auf die Schlüsselschilder beschränkt. Im Innern dagegen sind reichverzierte Bänder und kunstvoll ausgearbeitete Schlösser nichts Seltenes. Die hohe Stufe, welche die verschiedenen Gewerbe in dieser Zeit allmählich erreicht hatten, mußte sich naturgemäß an allen ihren Erzeugnissen bemerkbar machen (Abb. 79 a). Neben dem Mobiliar sind es hauptsächlich noch die Erzeugnisse der Goldschmiede, ferner Zinngeschirre, Schlosser- und Töpferarbeiten, die Zeugnis ablegen von der Tüchtigkeit ihrer Verfertiger, sowie von dem gesunden Boden, in dem diese Handwerkskunst wurzelte.
    Eine Wiederaufnahme der Formen der deutschen Renaissance hat in ziemlich ausgedehntem Maße im letzten Viertel des vergangenen Jahrhunderts stattgefunden. In Privatwohnungen wurde namentlich gern für das Wohnzimmer durch diese Anlehnung eine trauliche, gemütliche Stimmung zu erreichen gesucht. (Abb. 80.) An öffentlichen Lokalen waren es in erster Linie die Trinkstuben, bei deren Ausstattung diese Ausdrucksweise die richtige schien. (Abb. 81.) Die Mittel, mit denen gearbeitet wurde, blieben fast überall die gleichen. Das Material für das Mobiliar war meist Eichenholz, dem durch Beizen eine dunkelbraune Färbung verliehen wurde.




Rokokoornament

Eine mannshohe Vertäfelung bedeckte den unteren Teil der Wände, ihr Abschlußgesims mußte eine genügend große Ausladung erhalten, um Dekorationsgegenstände aller Art aufnehmen zu können. In den Trinkstuben schmückte dann den oberen Teil der Wände eine entsprechende Bemalung, in den Wohnräumen wurde diese Fläche je nach den Mitteln des Besitzers mit Tapeten, Leder oder Stoffen bedeckt. An Stelle der kostspieligen Kassettendecke trat meistens die Balken- oder Leistendecke. Die Fensterverglasung bestand aus buntfarbigen Butzenscheiben, das Fenster selbst erhielt eine einfache Lambrequindekoration. Dem dunklen Braun der Holzfarbe entsprachen die kräftigen Farben der Tapete und des Stoffes, in der Regel wurde für sie ein sattes Rot oder Grün gewählt. Auch der grüne Kachelofen durfte nicht fehlen, der mit einer Sitzbank umgeben, an kalten Wintertagen ein warmes Plätzchen sicherte.

Die Blütezeit der deutschen Renaissance sollte nicht von langer Dauer sein, der verhängnisvolle Dreißigjährige Krieg verhinderte fast alles künstlerische Schaffen der tüchtigen Handwerksmeister und nach der allmählichen Erhebung drängen sich an Stelle der edlen Renaissance ihre aus Italien und Frankreich eingeführten Übertreibungen, das Barock, auf.









































 
























 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


Quelle:  Bücheler, Stilarten











 

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