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Vorwort

 

Das Buch liegt abgeschlossen vor mir. Wenn ich nun so die drei Hauptteile überblicke und den Inhalt der einzelnen Kapitel nochmal überfliege, so sehe ich selbst, daß vieles nicht behandelt ist, was der Fachmann suchen wird, natürlich auch allerlei, was er schon weiß. Aber das Buch ist ja nicht für ihn allein, sondern für die Allgemeinheit geschrieben, und da verbot es sich ebenso, Allbekanntes zu übergehen, wie in Rücksicht auf den Umfang auf Einzelfragen einzugehen, die ausschließlich den Fachmann interessieren. Das gebildete Publikum im allgemeinen weiß nichts Genaueres vom Holz, es kennt auch die Zusammenhänge der Holz Wirtschaft im ganzen nicht; beides soll ihm hier geboten werden. Technische Dinge, das weite Gebiet der Rechtsfragen in der Wald- und Holzwirtschaft, Außenhandel, Statistik, Lohnpolitik, Verkehrsangelegenheiten, soziale Fragen, Steuerleid und Finanzschmerzen, Holzwirtschaftsspezialitäten wie Vermessung, Zahlungs- und Lieferungsbedingungen, Kalkulationen, Einzelheiten über Dimensionen, Qualitäten, das alles konnte nur kurz angedeutet werden. Das sind vielfach auch wechselnde Dinge, über die ja die Holzwirtschaft schon andauernd durch ihre Verbände und ihre Fachpresse auf dem laufenden gehalten wird.

    Jahraus, jahrein und bei allen möglichen Gelegenheiten hört man die Klage, daß die Allgemeinheit so wenig vom Holz wisse und daß darum die Holzwirtschaft nicht das Ansehen und den Einfluß habe, die andere Wirtschaftszweige zu besitzen so glücklich seien. Diese Klage ist berechtigt. Eine Besserung wird sicher durch entsprechende Verbreiterung der Kenntnisse über das Holz und die Holzwirtschaft zu erzielen sein. Diesem Zweck soll das Buch dienen. Die »Holzinteressenten« im weitesten Sinne können zur Erreichung dieses Zweckes beitragen, wenn sie nicht nur selbst dem Werk freundliche Aufmerksamkeit schenken, sondern auch für Verbreitung in der Allgemeinheit sorgen.

    Den Bibliotheken, Organisationen, Einzelfirmen und persönlichen Freunden, die mir durch Lieferung von Text und Bildern ihre Förderung zuteil werden ließen, danke ich hiermit herzlichst. Möge die deutsche Holzwirtschaft, so schwer die Not der Zeit auch auf ihr liegt, den Glauben an sich und ihre Leistungskraft nie verlieren, möge das Buch dazu beitragen, ihre Lebenskraft und ihren Lebensmut zu stärken! Dem Vaterland gilt unsere Arbeit.

 

Vorwärts und aufwärts!

 

Dr. Alfred Marquard.




Die Wissenschaft vom Holz

 

Die Wissenschaft vom Holz behandelt den bodenständigsten Rohstoff der Welt nicht materialistisch, sondern um des Geistes willen. Nicht nach »Zweck und Ziel«, sondern nach Wesen und Wert. Sie umfaßt

 

    1. Anwuchs von Holz

    2. Abgabe des Rohstoffes Holz an den Verbraucher

    3. Rohholzverbrauch

    4. Holzverarbeitung

    5. Holzhandel

    6. Organisationen, Fachschulen, Fachpresse.

 

Wenn man statt Wald Holzung sagt, ist das Wesen der gesamten forstlichen Betätigung schon klar ausgedrückt: das für die menschlichen Bedürfnisse erforderliche Holz zu liefern. Der Ausdruck »Holz« für Wald stammt schon aus sehr alter Zeit. »Man geht ins Holz.« »Ein Wisen und ein Holz sind mir zu eigen.« »Ecker, Wisen, Holz und Wasser.« »Man stellt dem Hasen nach vor Tag, da er gen Holz will fahren.« »Im Holz sind Beeren.« Das alte deutsche Wort unterschied kaum Holz vom lebenden Waldbestand. Wenn man also über die Wissenschaft vom Holz schreibt, muß man mit dem Wald beginnen.


Der erste Teil der Wissenschaft vom Holz, der sich mit dem Anwuchs von Holz befaßt, ist ein Kapitel, so groß, daß seine Bearbeitung die Lebensarbeit mehr als eines Mannes in Anspruch nimmt. Sie hat sich zu befassen vor allem mit der Größe der Natur, die den Wald wachsen läßt, mit dem Zweck des Waldbaues, mit den Aufgaben der Forstwirtschaft, mit ihren Hilfsmitteln und Produkten, mit den einzelnen Baumarten, mit den Gesetzen des Zuwachses und den Anforderungen des Waldbaues wie des Waldschutzes, mit den verschiedenen Wirtschaftsformen, mit den Interessen der verschiedenen Länder, Wirtschaftsgebiete, der Waldbesitzer, des Staates, der Allgemeinheit, nicht zuletzt mit Statistik und Geschichte. Endres nimmt folgende Gruppierung der von ihm »Forstpolitik« genannten Materie vor: Ausmaß, Verfassung und Leistung der Waldwirtschaft (Waldflächen- und Ertragsstatistik, Produktionsfaktoren) die Wirkung des Waldes im Haushalt der Natur. Die rechtliche und wirtschaftliche Stellung der Waldwirtschaft in bezug auf ihre gemeinnützigen und privatwirtschaftlichen Aufgaben. Die finanzielle Sicherung des Waldkapitals. Die öffentlich-rechtliche Belastung der Waldwirtschaft. Die Grundlagen und Bedingungen der Holzwirtschaft (Produktion, Handel, Zoll und Transport).


Was den zweiten Punkt, Abgabe des Rohstoffes Holz an den Verbrauch betrifft, so ist wohl das schwierigste die Anpassung des Einschlags an den Bedarf, die Feststellung des Bedarfs, die Bewegung von Ein- und Ausfuhr, der Bedarf der einzelnen Sortimente, die Holzbilanzen der einzelnen Staaten und Provinzen. Es folgt der Einschlag des Holzes selbst, die Aufbereitung der Sortimente, das Angebot an die Verbraucher, der Verkauf durch freihändige Abgabe, Submission oder Versteigerung, der Kaufabschluß und die Übergabe an den Käufer, die Verkaufs-, Zahlungs-, Sicherungs- und Stundungsbedingungen, Transport im und vom Wald, Zusammenschlüsse der Holzverkäufer und -käufer.


Im dritten Teil, Rohholzverbrauch, können behandelt werden die Verwendung als Brennholz, die Verwertung von Rohholz als Papierholz (Schleif- und Zelluloseholz) und Grubenholz, die Verwendung zu Masten und Stangen.


Den vierten Teil bildet die Verarbeitung des Rohholzes durch Handwerk und Industrie, die tausenderlei Einzelheiten des Sägebetriebs nach der technischen und wirtschaftlichen Seite, die weitere Verwendung des Halbfabrikats im Bauwesen und im Innenausbau, in der Möbelherstellung, in der Herstellung von Parketten, Furnieren, Holzwaren hunderterlei Arten, von Holzwolle, Drechslerarbeiten, Rahmen, Schnitzereien, Fässern und Kübeln, Turn- und Sportgeräten, Stöcken, Schirmen, Bleistiften, Bürstenwaren, die vorzugsweise Verwendung von Holz beim Pianofortebau, Harmonium- und Orgelbau und anderen Musikinstrumenten, bei Spielwaren, Maschinen, Apparaten und sonstigen Gebrauchsgegenständen vielfachster Art und die Verwendung der Abfälle.


Den fünften Teil bildet das Kapitel vom Holzhandel, die Lehre von den Handelsgeschäften, die Gebräuche, die Ausbreitung, Formen, Arten, Bedeutung des Holzhandels, Groß- und Kleinhandel, Export und Import, der Handel in den verschiedensten Zeiten und Ländern, Recht im Handel, Schiedsgerichte.


Den letzten Teil bildet die Geschichte und Entwicklung, Betätigung der Organisationen des Waldbesitzes und der holzverarbeitenden Gewerbe, wirtschaftliche und soziale Organisationen, Organisationen der Arbeitnehmer und Arbeiter, die Konzerne, die Holzberufsgenossenschaften in ihrer Einteilung, ihrem Aufbau, die Finanzgebarung in ihren Aufgaben und ihrem Wirken, eine Übersicht über die Fachschulen und ihre Programme, ihre Organisation, ihre Bedeutung, Finanzierung und zuletzt eine Übersicht und Würdigung der Fachpresse, wobei die Bedeutung der Behandlung der Holzinteressen in der Tagespresse nicht übergangen werden darf. 


Zum Schluß die wissenschaftliche, technische und geschichtliche Fachliteratur. Aus der Sammlung dieser Schlagworte, die nicht einmal lückenlos zu sein beansprucht, ersieht man, daß eine eigene Holzuniversität ins Leben gerufen werden könnte, um wissenschaftlich das ganze Gebiet zu erfassen und zu behandeln. Vorläufig bestehen keine Aussichten dafür. Außerhalb der Holzwirtschaft kümmert man sich bis jetzt viel zu wenig darum.



I. Das Holz im Altertum

 

Aus Einem Samenkorn

 

Das Weltall, der ungeheure Inbegriff alles Vorhandenen, der Sonnen, der Sterne, der Erde, der Meere, der Pflanzen, der Tiere, der Menschen, omne ex ovo, alles aus Einem Ei, Einer Zelle, Einem Protoplasma, Einem Samenkorn entstanden – vielleicht gibt es kein anderes Material, das Gigantische dieser Tatsache dem Menschenverstand leichter faßbar zu machen, als das Holz. Wir wissen nicht, welche Massen Holz heute auf der Erde zur Verfügung der Menschen stehen, wir kennen noch nicht einmal alle verschiedenen Arten, da immer neue Holzarten festgestellt werden, aber wir können uns wohl vorstellen, daß die ganz unermeßliche Fülle von Holz, von Pflanzen schließlich vor Jahrmillionen auf Ein Ei, Eine Zelle, Ein Samenkorn zurückgeht. Holz oder Kohle, so lautet oft die Frage, welches ist für den Menschen der wichtigere Rohstoff? Darüber läßt sich kaum streiten. Beide sind uns deutsches Erbgut. Es darf nur nicht vergessen werden, daß die Kohle auch nichts anderes ist, als eine durch Verwesung unter Wasser und durch allmähliche Entgasung unter einer luftabgeschlossenen Erdschicht umgewandelte Masse von riesenhaften Wäldern.

    

Wie alt ist also das Holz? Wer kann das sagen? Niemand. Wie alt ist der »Baum der Erkenntnis«, die erste Verbindung zwischen Mensch und Holz? Das Holz ist jedenfalls viel älter als der Mensch. Vielleicht handelt es sich um Millionen Jahre. Ein frommer Mann, der englische Bischof Usher, der zur Zeit Shakespeares lebte, war der Meinung, daß vor etwa 4400 Jahren in der ersten Januarwoche die Welt mit ihren Bergen und Tälern, Wäldern, Gewässern, Tieren und Menschen erschaffen worden sei. Die ältesten Gegenstände, die nachweislich durch Menschenhand bearbeitet wurden, sind sicher hunderttausend Jahre alt. Die maßgebenden Gelehrten berechnen demnach, daß der Mensch schon mindestens fünfhunderttausend Jahre auf Erden wandle. Der Bischof Usher wird sich also wohl um die Kleinigkeit von ein paar Millionen Jahren verrechnet haben. Wir können deswegen ruhig sagen, auch das Holz ist schon Millionen Jahre alt. Den Gegenbeweis wird niemand führen können.

    


Im Hain von Mariposa in Kalifornien befindet sich als Eingangstor ein lebender Baum, in dessen Stamm eine Öffnung geschnitten ist, groß genug, daß ein geräumiger Reisewagen hindurchfahren kann. Er soll verschiedene tausend Jahre alt sein. Eben da liegt »der gestürzte Monarch«, der nachweisbar vor siebentausend Jahren gekeimt haben muß. Er war also schon Jahrtausende alt, als die Pyramiden erbaut wurden. Von da bis heute, welcher Weg!


Ja, das Holz gehört zu den Wundern der Erde und verdient, daß ihm ein Hohes Lied gesungen wird.

 


Der Urmensch und das Holz

 

Die Anfänge der Holzverwendung

 

In Nöten und Gefahren befand sich der Mensch seit seinem Erdendasein. Nebenmenschen, Unwetter, wilde Tiere zwangen ihn von Anfang an, Schutz zu suchen und Schutz zu schaffen. Dem Zwang und den Geboten der Natur entsprechend mußte er sich der gegebenen Lage anpassen. Der Kampf ums Dasein, mit einem Wort gesagt, trieb ihn von jeher vorwärts und die daraus entspringende Tätigkeit bildete die Unterlage der geschichtlichen und wirtschaftlichen Entwicklung.

    

Die ganze Erde stand den ersten Menschen offen. Die Natur bot Gaben in üppigster Fülle. In diesem Sinne war sie wohl ein Paradies. Da die Menschen aber sehr stark den Tieren ähnlich waren, kam die Erkenntnis sehr langsam. Naturgemäß bot den ersten Menschen zuerst der Baum sowohl Schutz wie Nahrung. Dazu kam das erste bewußte und künstliche Zurechtmachen natürlicher Hilfsmittel. Aus Holz und Stein schlug der Mensch das Feuer, aus Holz und Stein schuf er sich die ersten rohen Werkzeuge. Der Mensch stand damit über dem Tier. Wenn man bedenkt, daß die ältesten Schnitzereien in Holz, Elfenbein und Hörn ziemlich sicher bis ins zwölfte Jahrtausend vor Christi Geburt nachgewiesen werden können, dann steht man mit Staunen vor der Rührigkeit menschlichen Geistes. In dieser zweiten Periode waren Höhlen die Behausungen der Menschen. In dem zwölf Meter langen Höhlengang von Altamira bei Santander in Nordspanien finden sich Malereien aus dieser Periode von naturwahrer Unmittelbarkeit, Mengen von Tieren, deren Wiedergabe von Kennern als Glanzleistungen bezeichnet wurde.

    

In späteren Jahrtausenden verschwindet eigentümlicherweise diese Kunst wieder und man erklärt das damit, daß die Urmenschen in dieser dritten Periode die Höhlen verließen und sich Hütten bauten, deren Armseligkeit keinen Raum für die Kunst bot. Seßhaft war der Mensch aber nicht, solange die Jagd und die Fischerei die Hauptnahrung bot, herrschte Wandertrieb, und darum bestand keine Neigung und kein Zwang zu dauerhaftem Bauen.

    

Dies war im ganzen genommen die Periode der »alten Steinzeit«. Auf sie folgt die »neue Steinzeit«, deren Verbreitung über die ganze Erde nachgewiesen ist. Sie ist sogar in ozeanischen Ländern bei entlegenen Stämmen bis in die allerneueste Zeit erhalten geblieben. Lindner in seiner Weltgeschichte nennt sie »die erste wirkliche Kulturperiode, die sich immer schöpferischer gestaltet als Ausgang aller späteren Entwicklung«. Der Kampf ums Dasein nahm neue Formen an, nicht nur Schutz gegen die Natur zu erstreben, sondern sie sich dienstbar zu machen. Die Behausungen erhielten wohnsichere Formen, es entstanden Gemeinwesen, die Schiffahrt an den Küsten setzte ein, man mußte Schiffe bauen, dazu brauchte man, wie zur Jagd und zum Ackerbau, Werkzeuge die ausschließlich noch aus Holz und Stein bestanden. Die Handgeschicklichkeit entwickelte sich. Überall werden heute Schätze jener Zeit aus der Erde gegraben, über deren kunstfertige Ausführung wir staunen: Pfeile, Pfriemen, Ahlen, Lanzen, Hämmer, Keulen. Für uns sind aber besonders die Pfahlbauten von Interesse, die schon in eine nicht mehr ganz frühe Periode der Urzeit fallen, aber jedenfalls geht die Erfindung des Pfahlhäuserbaues dem Metallzeitalter noch weit voraus.

    

Der Mensch mußte sich schützen vor Raubtieren, bösen Nachbarn, Hochwasser und schädlichen Bodenausdünstungen. Das geschah durch die Pfahlbauten. Im Winter 1853/54 hatte der Züricher See einen nie zuvor beachteten tiefen Wasserstand. Bei dem Versuch, durch Ziehen von Mauern und Dämmen ein Stück Land dem See abzugewinnen, stieß man auf regelmäßige Pfahlreihen und kein geringerer als der Dichter und Ratschreiber Ferdinand Keller rief das Interesse der gebildeten Welt dafür wach.

    

Man stellte fest, daß die Ureinwohner an seichteren Stellen des Sees Pfähle einrammten, teils ganze Stämme, teils gespaltene, gewöhnlich zwei und zwei dicht nebeneinander; auf diesen wurden querüber mittels Holzkeulen andere Stämme und Planken befestigt und darauf kleine Hütten errichtet. Die Pfähle sind meist nicht über 15 cm stark, ihre Länge beträgt je nach der Tiefe des Wasserstandes 3–5 m. Oft wurden noch um sie herum ganze Lager von Steinen versenkt, um ihnen Halt gegen Wellen und Wind zu geben. Eine aufziehbare Holzbrücke bildete den Weg zum Nachbar und zum Land. Daß diese »Pfahlbürger« auch schon kleine Holzschiffe bauten, war ebenfalls notwendig. Die Größe der Pfahldörfer war sehr verschieden. Bei Robenhausen fand man Tausende von eingerammten Pfählen, die eine Fläche von 13000 qm bedeckten, ein anderer Pfahlbau im Neuenburger See bedeckte sogar eine Fläche von 60000 qm. Später hat man dann Pfahlbauten in den verschiedensten Gegenden Europas entdeckt. Den Anzeichen nach waren sie später alle verbrannt worden, vielleicht durch kriegerische Gegner, vielleicht durch eigene Hand, als die Pfahldörfer infolge Abwanderung der Einwohner überflüssig wurden.

    

Zum Kapitel Pfahlbauten ist aber noch zu bemerken, daß, wie vor Jahrtausenden in Europa die Menschen solche Wasserhütten errichteten, wir das heute noch bei wilden Völkerschaften finden. Die Watuanstämme an der Südwestküste von Neuguinea bauen sich heute noch die gleichen primitiven Behausungen an windgeschützten Stellen im Schutz der Korallenriffe.

    

Für die Wissenschaft sind die mit den alten Pfahlbauten gehobenen Kulturreste von großem Wert, namentlich da man auch eine Menge Gerätschaften fand, die auf einen bedeutenden Grad der Handfertigkeit auch in der Bearbeitung von Holz schließen ließen. So finden sich Sägen bereits in paläolithischer Zeit aus Feuerstein. Während der jüngeren Steinzeit werden sie feiner ausgebildet und erhalten einen Griff aus Hörn, Holz oder Knochen. Sie kommen ein- oder zweiseitig gezähnt vor, mit gerader Schneide und gewölbtem Rücken, sichelförmig oder messerförmig. In der Bronzezeit erscheinen Sägen aus Bronze, entweder gerade, einseitig gezähnt oder sichelförmig. Die ersten Eisensägen treten in der La-Téne-Zeit auf, aber es sind immer noch einfache Bandsägen, die zum Zersägen größerer Gegenstände noch nicht geeignet sind. Erst von Rom her stammt die in ein Holzgestell eingespannte »Spannsäge«.

 

Der älteste Holzbau

 

Zum erstenmal in der vorgeschichtlichen Forschung ist jetzt durch einen Fund festgestellt worden, daß der Mensch schon in der alten Steinzeit Holzbauten auch auf dem festen Lande aufführte. Dieser älteste Holzbau, von dem wir bisher wissen, wurde im April 1927 im Norden der englischen Grafschaft Ipswich aufgedeckt. Man stieß auf der untersten Schicht, die aus Sand besteht und Steinwerkzeuge barg, auf zwei brettartige Stücke Eisenholz, die augenscheinlich aus einem starken Stamm gearbeitet waren. Hinter den Brettern waren Feuersteine und andere ziemlich große Steine aufgehäuft. Dahinter steckten roh zugespitzte Pfähle, die etwa 35 cm tief in den Sand getrieben waren und das Ganze stützten. Es handelte sich hier augenscheinlich um ein mit Lehm verbundenes Flechtwerk aus Zweigen, das eine Art Windschirm darstellte. Ein Haufen von bearbeiteten Feuersteinstücken und geschwärztem Sand weist auf eine Arbeitsstelle und einen Feuerplatz hin. Es ist also hier für England die älteste Freiwohnung des Neandertal- Menschen und überhaupt der älteste Holzbau aufgedeckt.

 

Der deutsche Urwald

 

Der deutsche Urwald ist nicht so zu denken, daß einst alle Gebiete des heutigen Deutschland von dichten Wäldern bedeckt gewesen wären. Es ist vielmehr aus den ältesten Nachrichten unserer Vorfahren zu entnehmen, daß es in Deutschland immer auch waldfreie Gebiete gegeben hat. Schon in den Zeiten der römischen Eroberungskriege waren die Germanen seßhaft und trieben Ackerbau. Das kann nur in waldfreien steppenartigen Gebieten der Fall gewesen sein, und solche sind nachgewiesen in den großen diluvialen Stromterrassen des norddeutschen Tieflandes, am Ostrand des Harzes und am nördlichen Hügelrand unserer Mittelgebirge, an den Niederungen des Main- und Neckargebietes, an den Randhügeln der Rheinebene, an den Hochflächen der schwäbischen und fränkischen Alb. Über den Bestand des deutschen Urwaldes finden wir eine übersichtliche Darstellung in dem 1926 erschienenen reizenden Buch »Vom grünen Dom«, im Namen der Staatlichen Stelle für Naturdenkmalpflege herausgegeben von Walther Schoenichen (Verlag Georg D.W. Callwey, München). Es heißt da: Das Hochgebirge war bis zur Baumgrenze hinauf vom Urwald bedeckt, der sich auch weit herunter in die bayrisch-schwäbische Hochebene erstreckte. Auch ein großer Teil der Hochebene zwischen der oberen Donau und dem Bodensee war nach Ammians Bericht dichter Urwald. Links des Rheins schlössen sich die Wälder der Vogesen und der Pfälzer Hardt mit jenen des Hunsrücks, der Eifel, des Hohen Venns und der Ardennen zu einem großen Ganzen zusammen, das nur an wenigen schmalen Stellen passierbar war. Ebenso waren Schwarzwald und Odenwald und weiter das rechtsrheinische Schiefergebirge vom Taunus bis zum Siegerland wohl größtenteils vom Urwald bedeckt; und weiter bildeten Spessart, Rhön, Thüringer – und Frankenwald, Fichtelgebirge, Erzgebirge und die Sudeten ein großes Waldgebirge, dessen Forsten vielerorts weit hinein in die vorhin erwähnte besiedelte Zone hinabreichten. In Schlesien entspricht zum Beispiel die Höhenkurve 300 Meter ungefähr der oberen Grenze der Siedlungen, nicht aber der unteren des Urwaldes, der vielmehr stellenweise weit darunter hinabstieg, zum Beispiel auch noch die ganze niederschlesische Heide bedeckte. Nach Süden schlössen sich an dieses Gebiet die Urwaldungen des Bayerischen und Böhmerwaldes, und von diesem und dem Frankenwald aus dehnte sich eine große Waldlandschaft über die fränkische Hochebene bis zu dem Rand der Keuperberge Württembergs. Auch die Hänge der Schwäbischen und Fränkischen Alb waren bewaldet, und zwischen ihnen und dem Schwarzwald lag auf der linken Neckarseite die Waldmasse des Schönbuchs, die ebenfalls noch größeren Umfang als heute besaß. Ebenso waren in der Oberrheinebene zwischen Schwarzwald und Vogesen breite Striche von sumpfigen Wäldern bedeckt. Nach Norden aber standen mit dem Thüringer Wald die Forste des Hessischen Berglandes, der Weserberge und des Teutoburger Waldes in Verbindung. Auch Harz und Kyffhäuser waren bewaldet, und im norddeutschen Flachlande bestockte der Urwald ungeheure Flächen und schied die besiedelten Gebiete. Aber auch diese waren nicht völlig waldlos, vielmehr war die Steppe von zahlreichen kleinen und größeren Wäldern durchsetzt.

    

Im ganzen waren wohl zwei Drittel des Bodens vom Walde bedeckt, in einzelnen Gegenden mehr als drei Viertel. Heute aber ist nur noch ein Viertel unseres Landes Wald. So gilt auch für die Beziehungen zwischen Wald und Mensch Sophokles' Wort: »Viel Gewaltiges gibt es auf Erden, aber nichts Gewaltigeres als der Mensch.« Der Kampf, den dieser in südlichen Gegenden vielfach bis zur beinahe völligen Vernichtung des Waldes geführt hat, spielte sich auch in unserer Heimat ab und verdrängte den Wald an den meisten Orten von den Böden, die nun zur dauernden landwirtschaftlichen Nutzung geeignet sind.

 

Nordisch-deutsche Waldkultur1

 

In die Firnfelder der riesenhaften Nordlandsgletscher fiel der erste Sonnenstrahl. Der kalte Riesenleib schwand mehr und mehr. Höhen und Tiefen wurden gemach vom Eise befreit und das glatte Land zwischen den nördlichen und südlichen Alpen verwandelte sich in Weideland. Das Buschwerk war noch nieder, aber der ständige Wuchs drohte zur Gefahr für die Menschen zu werden. Aber sie blieben und sahen mit Staunen die Erstarkung des deutschen Urwalds. Trat er ihnen als Schreckwald oder als Freund entgegen? Und sie erkannten ihn als Freund und Wohltäter, der abwehrt und bewahrt, statt unmittelbar zu geben, der strenge Erzieher, der das Kind in Zucht nimmt, um es zu erziehen. Doch das Kind sieht, was vor Augen ist. Erst später lernt es die Zuchtrute um der erzieherischen Absicht willen lieben. Aus Kindern werden Leute, und der nordische Mensch, stark geworden an Gestalt und stolz von Herzen, sah den Wald mit andern Augen an. Er dankte es ihm, daß er ihn zwang, in Nacht und Not an der Stange zu halten und das Leiden mannhaft zu ertragen. Nicht mehr vernahm er im Wipfelgeknarr die Seelen Abgeschiedener. Aus Wodan, dem unheimlichen Waldgott und Geist der Dunkelnacht, aus dem wilden Jäger des Sturmwaldes ward der strahlende ruhevolle Sonnengott Walhalls, des nordischen Menschen höchster Gott. Heilige Haine umwipfelten von nun an des Gottes Weihtum, und allenthalben, wo grüne Bäume wuchsen und bunte Blumen blühten, betete die deutsche Seele zu ihrem Allvater.

    

Und Vater Wald vergalt diese innige Liebe seiner blonden Kinder tausendfach. Als die Feinde der blauäugigen Rasse heraufzogen aus Mittag und aus Sonnenuntergang, ward der deutsche Wald der treueste Bundesgenosse seiner Kinder. Varus und die andern Römer, der Franken-Karl und die anderen Sachsenschlächter haben es erfahren müssen, was es heißt, ein Volk zu bekriegen, das mit dem Walde im Bunde steht. An den wehrhaften Wallburgen in den Wäldern an der Weser stießen die Artfremden sich die Köpfe blutig, und am Ende blieb waldgeborene Sassenart siegreich. Armin und Widukind, Waldkind und Heinrich, der Finkler, kannten ihren Wald und wußten, was sie an ihm hatten. Jener wohnte im Teutowald, der zweite trug seinen Namen nach seiner Mutter, und der dritte war Grünewald beim Finkenfang, als man ihm die Kaiserkrone antrug. Das war das zweite Zeitalter nordisch-deutscher Kultur, da aus dem Schreck- und Bannwald ein Wehr- und Weihewald der deutschen Seele erwuchs.

    

Es war nicht im Willen Gottes, daß deutsches Volk ewig wohnen blieb im Schatten seiner grünen Laubhütten. Der Tag kam, da der Abschied an die Türe pochte mit harter knöcherner Faust. Zuviel waren der blonden Menschen geworden, die zwischen den Wäldern wohnten. Die Not griff zur Axt und rodete, und auf den weiten Lichtungen entstanden enge Städte mit hohen Mauern und tiefen Gräben drum herum. Und andern Völkern, die noch im Dunkeln wohnten, sollte die Nordlandsrasse das helle Licht ihrer Sonne zutragen. Aber da die blonden Menschen aus dem Walde gingen, aus dem grünen Garten ihres goldenen Zeitalters, siehe, da ging ein Tröster mit ihnen in das fremde Land. Ein Weibwesen war es. Das hatte tiefe Augen und so schimmrig blau waren sie, wie das Weitblau der letzten Berge. Und wenn sie überall in den engen Stuben der großen steinernen Städte einsam saßen und an die verlorene Heimat dachten, war es das Lied der Frau Sehnsucht, das die Heimatlosen tröstend umwiegte. Und siehe: die Städte, in die die Waldkinder gebannt waren, blieben der Mutter Wald getreu. In den heimeligen Gassen und auf traulichen Plätzen, da war etwas vom Wald geblieben. Keiner wußte, was es war. Aber alle wußten, daß es da war und hatten ihre Freude daran. Im Laubengange am Rathausmarkt erging man sich wie im Walde, und wenn man in den Dom trat, so rauschte einem das Orgellied entgegen wie Waldesrauschen, und das Licht fiel durch die bunten Scheiben wie das Sonnenlachen durch der Waldhalle Wipfelwerk, und wie Wipfelwerk waren des Domes Gewölbe und wie Baumsäulen seine Pfeiler, ragend und senkrecht, sonnesuchend und himmelssehnsüchtig.

 

Das Holz im alten Ägypten

 

Am weitesten in die Urzeit der Menschheit leuchtet die Geschichte Ägyptens hinein. An Hand tatsächlicher Unterlagen reicht sie hier fünf bis sechs Jahrtausende vor Christi Geburt zurück. Die Ägypter hatten keine Zeitrechnung wie wir, sondern datierten nach den Regierungsjahren der Könige. Ein Verzeichnis der ägyptischen Könige liegt vor, aber nur in Bruchstücken, deswegen sind die Gelehrten sich nicht einig, wie weit die Geschichte Ägyptens tatsächlich zurückgeht. Schon die ältesten Ägypter verehrten Bäume als Götter und schnitzten Bildnisse aus Holz, wozu ihnen der heilige Stier Apis, der Ziegenbock, der Widder, das Krokodil, die Katze, die Kuh und der Ibis dienten. Auch wurde der in Menschengestalt gebildeten Gottheit der Kopf des heiligen Tieres gegeben. Abbildungen solch tierköpfiger Gestalten sind noch zahlreich vorhanden. Die Holzschnitzerei diente auch schon früh profanen Zwecken, und zwar auch künstlerischer Art. Geschmack am Schönen ist schon früh festzustellen. Der Ägypter liebt sorgfältig gearbeitete Möbel und zierliche Geräte in feiner Ornamentik. Die ältesten Erzeugnisse kunstgewerblicher Art treten uns hier schon etwa 3000 v. Chr. entgegen, wieviele Jahrhunderte vorher wird schon die einfache Verarbeitung des Holzes zu Gebrauchszwecken bekannt gewesen sein. Man bedenke doch, daß für die Erreichung einer gewissen kunstgewerblichen Stufe schon Jahrhunderte ungestörter Ausbildung notwendig sind. Infolge der Vergänglichkeit des Holzes sind uns natürlich aus jenen Zeiten kaum mehr Zeugnisse der gewerblichen Kunst der Ägypter auf diesem Gebiet erhalten. Aber wenn schon in der ägyptischen Frühzeit die Behandlung harten Materials, wie Alabaster, Granit, Basalt und anderer Gesteine geradezu virtuose Meisterschaft verrät, dann ist doch sicher anzunehmen, daß auch die Behandlung des Holzes auf allen Gebieten des damaligen Bedarfs vorzügliche Ergebnisse zeitigte. Das sogenannte »neue Reich der Ägypter«, um 1600 v. Chr. beginnend, hat dem Gewerbe einen gewaltigen Aufschwung gebracht. Auf allen Gebieten ist emsige fortschrittliche Regsamkeit zu verspüren, die technischen Hilfsmittel verbessern und vervollkommnen sich und viele neue Formen kommen auf im Hausbau, in der Innenausstattung, im Schiffsbau, worüber wir des näheren unterrichtet sind durch Fundstücke wie durch gut erhaltene Wandmalereien und Reliefs. Besonders sind wir unterrichtet über die Herstellung von Möbeln, Sesseln und Betten. Sessel und Betten sind stets auf Löwentatzen gestellt, darauf liegt ein Sitzbett mit einem Kissen. In diesen einfachen Apparat fügte man hohe gerade Seiten- und Rückenlehnen. Später milderte man die Unbequemlichkeit, die solche Sessel boten, durch Neigung der Rückenlehnen (erste Arbeit gebogener Möbel) und durch niedrige Seitenlehnen.

    

Dicke Polster erhöhten den Sitz so, daß Fußschemel nötig wurden. Neben den Luxussesseln gibt es auch leichtere mit einfachen Füßen, ja es gab sogar schon Klappstühle. Das Bett ist ganz einfach ein Sessel mit verlängerter Sitzfläche. Die alten Denkmäler zeigen, daß zu seiner Ausstattung eine erstaunliche Fülle von Kissen und Decken gehörte. Der Hals wurde beim Liegen durch eine Gabel unterstützt, das war nicht gerade bequem, aber wir finden das heute noch bei den Japanern; der Kopf schwebt frei, und die komplizierte Frisur bei Männern und Frauen erleidet keine Schädigung.

    

Wie weit die ägyptische Holzschnitzerei vorgeschritten war, zeigen viele uns erhaltene Gegenstände, namentlich der berühmte Griff eines ägyptischen Löffels, der babylonische Siegelzylinder, Holzstatuen und geschnitzte Holzlöffel mit Deckel, den schöne Figuren schmücken, zum Beispiel eine nackte lautenspielende Frau, alles gleich reizvoll in der Erfindung wie in der Durchführung.

    

Aus der Zeit vom 5. Jahrhundert v. Chr. sind uns auch vortreffliche Särge aus Holz erhalten. An den Hauptformen der Sarkophage, die mit vollkommener Beherrschung der tischlermäßigen Fertigkeit gearbeitet sind, ist Schmuck in überreicher Fülle verwendet, Blüten, Rankengebilde und Figuren. Ferner besitzen wir zahlreiche Abbildungen von königlichen Wagen, Kriegswagen, Belagerungstürmen, ägyptischen Pflügen, Dreschschlitten und anderen landwirtschaftlichen Geräten aus Holz sowie von Webstühlen, Musikinstrumenten und ähnlichen Gebrauchsgegenständen. In welchem Umfang das Holz auch für gewerbliche und landwirtschaftliche Zwecke gebraucht wurde, beweist namentlich der Wagenbau. Ochsenkarren zum Beispiel werden heute noch fast genau so hergestellt und gekauft wie vor 2000 Jahren oder vielleicht überhaupt seit es Bauern dort gab. Das Fahrzeug besteht aus einem dicken Brett auf einer Achse, die durch zwei große Holzscheiben als Räder läuft; an jeder Ecke des Brettes ist ein Holzpflock eingelassen, und diese sind untereinander durch ein Geflecht von Roßhaaren verbunden. An dem ganzen Gefährt findet sich kein Stück Eisen oder Blech, kein Nagel und kein Hanf. Schon der Hetiter hat mit einem solchen Wagen seine Ernte vom Felde geholt.

 

Persien

 

Die Brücke über den Hellespont

 

Der Perserkönig Xerxes, Sohn des Darius, beschloß um 480 v. Chr. Griechenland zu erobern. Um seine Truppen schneller nach dem Westen zu bringen, befahl er, über den Hellespont, heute Dardanellen genannt, eine Brücke zu bauen. Mit der persischen Flotte ging es ihm zu langsam, trotzdem sie Tausende von Holzschiffen zählte. Die erste Brücke wurde gebaut. Eine Unmenge von Holz wurde verwendet, tausende von Bauleuten arbeiteten daran, es war die größte und massenhafteste Holzkonstruktion, die die Welt bisher gesehen hatte. Da kam ein heftiger, mehrere Tage dauernder Sturm, der die Taue aus Bast und Flachs zerriß, die Schiffe gegeneinanderschleuderte, die Balken und Bretter durcheinanderwirbelte und in 48 Stunden das ganze Werk in ein fabelhaftes hölzernes Trümmerfeld verwandelte. Da ließ der König den Baumeistern die Köpfe abschlagen, das Meer geißeln und befahl die Ausführung einer zweiten, sogar einer Doppelbrücke. Das Holz kostete ihn ja nichts. Die neuen Baumeister ließen Triremen aneinander festbinden und Fahrzeuge mit fünfzig Rudern. Da waren dreihundert an der westlichen und dreihundertvierzehn an der östlichen Seite. Die ersten Fahrzeuge wandten ihre Flanken der Propontis zu, die anderen, die dem ägäischen Meer zustrebten, fuhren mit dem Strom, so daß die Taue sich straffer spannten. Anker wurden von den Fahrzeugen ausgeworfen. Doppelte Taue verbanden diesmal an ungeheuren hölzernen Winden, die an den Ufern aufgestellt waren, die Schiffe. Die Taue aus Byblosbast waren je vier zu vieren gespannt, die aus Flachs je zwei zu zweien. Diese waren die stärksten und wogen auf jede Ellenbogenlänge ein Talent.

    

Als die Schiffe fest aneinandergebunden dalagen, wurden breite Bretter gesägt, gehobelt und auf schweren hölzernen Stützen über die Schiffe nebeneinandergelegt, während die Taue straff angezogen und die hölzernen Laufbretter mit Sand bedeckt wurden. Zu beiden Seiten wurden Bretterzäune errichtet, auf daß die Pferde und Lasttiere nicht scheu würden beim Anblick des nicht immer nur leicht schäumenden, sondern oft auch heftig stürmenden Hellesponts.

    

Die Phönizier waren stolz auf ihre Taue. Denn die waren schön und unzerreißbar. Aber die Ägypter behaupteten, die ihren seien es nicht weniger. Die Brücke über den Hellespont war fertig.

(Aus: Couperus, Xerxes.

Verlag Wilh. Borngräber, Berlin.)

 

Babylonien

 

Die babylonischen Geschichtsquellen beginnen erst von etwa 1400 v. Chr. an zu fließen. Schon in dieser Zeit zeigt sich hochentwickelte Kultur. Die Architektur besaß nur sehr einfache Baustoffe: Palmen, Pappeln, Zedern, Fichten und Eichen, dazu Ziegel und Steine aus dem Gebirge. Die Decken der großen Bauwerke wurden meist flach durch Gebälk gebildet, darunter befanden sich offene Galerien mit lebensvollen Bildnereien. Auch hier deutet alles schon auf Pracht und Zierlichkeit, besonders auch bei den Möbeln und Gerätschaften. Die Furnierung einfacher Holzarten mit feineren war den Tischlern bereits geläufig. Intarsien aus schwarzem Ebenholz und Elfenbein gehörten zu den häufigsten Verzierungen. Unter den Möbeln sind die Sessel und Betten die uns am besten bekannten Formen.

 

Im Lande Judäa

 

In Syrien gedeihen am Mittelmeer die Pinie, der Ölbaum und die Sykomoren, im Steppengebiet sparsame Gruppen von Eichen und Koniferen, im »Rör« die Syelakazie, der Papyrusbaum und die Dattelpalme. Wälder sind nur in der Gegend von Nazareth und des Karmel, Eichen und Terebinthen, Tamarisken, Zypressen, die berühmte Zeder des Libanon sind selten geworden. – Die alten Judäer waren ein Zugvolk, Nomaden. Das Haus der Nomaden war das Zelt. Die israelitische Geschichte heißt die Väter des Volkes ein Zeltleben führen. Strohmatten, Decken und Teppiche dienen als Stuhl und Bett. Häuser zu bauen haben die Israeliten erst von den Kanaanitern gelernt. Das Klima verlangte nur Obdach vor Sonnenstrahlen und Regengüssen, leichte luftige Bauten genügten. Da Hochwald und Langholz fehlten, wurden Lehmziegel verwandt. Die Balken für Salomons Prachtbau wurden vom Libanon her importiert. In vornehmen Häusern wurde für Türen und Fenster Sykomore-, Oliven- und Zedernholz verwendet, ebenso für die Vertäfelung der Wände. Der Fußboden wurde mit Zypressenbrettern belegt. Die Einrichtung bestand aus einem Diwan, einem einfachen Holzgestell mit vier Füßen, das bei Reichen mit Elfenbein eingelegt war, mit Goldblech beschlagene Lehne und silberüberzogene Füße bekam; aus einem Tisch, einem niedrigen Holzgestell, das bei Reichen entsprechend verziert wurde; aus Stühlen ohne Rücken- und Seitenlehnen, je nach Vermögen bis zum übertriebensten Luxus ausgestattet. Der israelitische Zimmermann war zugleich Schreiner und verstand sein Handwerk.

    

Ihm oblag die Anfertigung des verschiedenfachen hölzernen Hausrats (Tische, Stühle, Backtröge usw.) und der Geräte für den Ackerbau (Dreschschlitten, Pflug, Wurfschaufel.) Es gab aber auch solche, die Webstühle herstellten, die beim kleinen Volk sehr verbreitet waren, andere verstanden sich auf feinere Schnitzarbeit. Gottesbilder werden häufig als ihr Werk erwähnt. Der Holzarbeiter arbeitete mit Säge, Beil, Hobel, Holzschneidemesser, Hammer, Zirkel, Richtschnur und Rötel zum Vorzeichnen.

    

Auch der Handel mit Holz wird schon früh erwähnt. Die Phönizier kauften von den Israeliten unter anderem auch Eichenholz aus Basan, das sie besonders für die Ruder brauchten. Es sollen gute Gewinne herausgekommen sein. In der Regel vollzog sich dieser Handel in Verbindung mit Opferfesten. Das Recht kümmerte sich um den Handel gar nicht. Der Schlauere hatte recht.

    

Aus der biblischen Geschichte kennen wir zwei für unsere Holzkultur besonders bedeutsame Werke, die Arche Noahs und den salomonischen Tempel. Die Arche Noahs, des zehnten Patriarchen, ist nach Luthers Bibelübersetzung das Schiff oder schwimmende Gebäude, in dem Noah sich und seine Familie und die Stammeltern der nachsintflutlichen Tiere aus der Flut rettete. Das Wort stammt aus dem lateinischen arca, das heißt Kasten. Die Arche war aus Zypressenholz gezimmert. 300 Ellen lang, 50 Ellen breit, 30 Ellen hoch und hatte drei Stockwerke. Ein Fachmann wird ohne besondere Mühe ausrechnen können, welche Mengen Holz dafür erforderlich waren. Nach der Bibel hat Noah 120 Jahre daran gebaut, und zwar im 5–600. Jahre seines Lebens. Die Flut soll ein Jahr und elf Tage gedauert haben, nach heutiger Zeit etwa vierzehn Tage. Dementsprechend würde man zum Bau der Arche vier bis fünf Jahre gebraucht haben. Wir wollen aber mit niemanden darüber in Konflikt geraten, es lohnt nicht.

 

 

Der Tempel Salomons

 

König Salomon, der von 1015 bis 975 v. Chr. regierte, erbaute mit Hilfe des Königs Hiram von Tyrus, der ihm die dazu nötigen Riesenmengen von Holz lieferte und ihm auch die in Israel fehlenden Handwerker stellte, den berühmten Tempel.

    

Hiram baute ihm auch Schiffe, aber Salomon verstand sich schlecht auf Geschäfte. Für seine Holzlieferungen war er dem Hiram schließlich so verschuldet, daß er ihm zwanzig Orte abtreten mußte.

    

Der Salomonische Tempel war 30 m lang, 10 m breit und 10 m hoch. Die Umfassungsmauern waren massiv. Alle Räume waren bis zur Decke mit Zedernholz getäfert. Die Täferung wie die Scheidewand und Türe zum Allerheiligsten und die vordere Eingangstüre waren mit Schnitzwerk, Cheruben, Palmen, Girlanden reich versehen. Das Bauholz mußte aus dem Libanon beschafft werden, denn Palästina war damals, wie auch noch heute, sehr arm an Wäldern. Der israelitische und der syrische König schlössen daher einen Vertrag miteinander über Lieferung und Transport des erforderlichen Bauholzes, infolgedessen sich die Sache derart regelte: Die Phönizier fällten, als gewandte und geübte Holzarbeiter die Bäume im Libanon. Dann schafften zehntausend Mann aus Israel, die sich von Monat zu Monat ablösten, die Holzstämme vom Gebirge zur Küste. Der Transport schwerer Bauhölzer sowie auch großer Steinblöcke und Steinplatten wurde schon sehr früh vermittels sogenannter Schleifen, ähnlich unseren Schlittengestellen, und Walzen bewerkstelligt. Wo es sich darum handelte, diese gewaltigen Baumaterialien aus tiefer gelegenen Gegenden auf ein höheres Bodenniveau emporzuschaffen, da bediente man sich wohl einfacher Hebel sowie künstlich erstellter schiefer Ebenen aus gestampftem Lehm oder glatten Bauklötzen.

    

Waren die Stämme von den Israeliten bis ans Meer geschafft, so hatten wiederum die seekundigen Phönizier die Aufgabe, die zu Flößen zusammengefügten Hölzer bis an die Küste von Palästina zu bringen; von dort bis nach Jerusalem führten wieder israelitische Arbeiter den Transport.

 

In Griechenland

 

das sich in seiner Blütezeit den Ruhm der größten, prachtvollsten und schönsten Bauwerke erworben hat, war Holz neben Stein und Metall der bevorzugteste Baustoff.

    

Plinius, der geniale römische Feldherr und Schriftsteller führt in seiner »Naturgeschichte« die verschiedenen Arten griechischer Eichen auf, Bauholz lieferten ferner Buchen, Zedern, Pinien, Föhren, Lärchen, Linden, Ulmen, Pappeln, Erlen, Platanen, Eiben, Eschen, Kastanien, Ahorn, Oliven. Auch Obststämme lieferten Bauholz, Kirsch-, Pflaumen-, Apfel-, Birn-, Nuß- und Maulbeerbaum.

    

Zahlreiche Arbeitswerkzeuge sind die gleichen wie heute noch: Axt, Beil, gezahnte Säge und Hobel. Schon bei Homer wird eine Drehbank erwähnt Der Handel in Bauholz in der griechischen Blütezeit war durchaus auf der Höhe. Olivenholz wurde gehandelt in Athen und Korinth, und zwar speziell Balken, Schwellen, Pfosten, Ständer, Pfähle, Band- oder Riegelhölzer, Diehlen, Bohlen, Dachhölzer, Schindeln usw. Für den Kubikfuß Zedernholz wurde bis zu 80 Drachmen bezahlt, für Ulmenholz schwankte der Preis zwischen 8 und 20 Drachmen, ebenso für Eschenholz. Zum Vergleich dient der Taglohn eines Arbeiters, der sich auf 11/2–21/2 Drachmen belief, aber auch bis auf eine Drachme und weniger zurückging. Wenn also heute der Tagesverdienst eines deutschen Holzarbeiters 6.50 Mark beträgt, würde dementsprechend ein Kubikfuß Zedernholz mit 470 Mark anzusetzen sein. Daneben lesen wir noch, daß der Durchschnittsjahresgehalt für einen Werkmeister 720 Drachmen betrug, also etwa das Doppelte eines Arbeiterlohnes. Aus einem Satz bei Vitruv entnehmen wir, daß auch Leute ohne Fachbildung sich häufig in das Holz- und Baugeschäft einmengten und daß in der schönen Stadt Ephesos sogar ein Gesetz bestand, das fachfremde Elemente, wie wir heute sagen, vom Geschäft ausschloß. Der Wunsch ist alt und ewig jung und wird es auch bleiben, sagt Durm in seinem Werk: Die Baukunst der Griechen, in dem noch manches Schöne darüber gedruckt und abgebildet ist.

    

Der griechische Tempelbau der historischen Zeit ging von dem Gedanken aus, daß das Heim der Götter auf Erden der Wohnung der Fürsten gleichen müsse. Unter den Sakralbauten der genannten Zeit finden sich aber immerhin auch noch verschiedene Holzkonstruktionen. Nach Pausanias war der erste Tempel zu Delphi aus Lorbeerbaumholz erbaut. Der Tempel des Poseidon Hippios bei Mantinea war aus Eichenbalken gezimmert, eine Art Blockhaus von kleinen Dimensionen, ebenso der Tempel der Hera bei Mykene und ein Apollotempel in Thermos. Die Säulen des Heratempels zu Metopont sollen aus Rebenholz gewesen sein, wozu Plinius bemerkt, daß die Reben ihrer Größe wegen von den Alten mit Recht zu den Bäumen gezählt wurden. Aus Zedernholz war der »Kasten« des Tyrannen Kipplos von Korinth. Die Götterbilder der alten Zeit waren meist aus Holz, und zwar diente Eben-, Zypressen-, Zedern-, Birnbaum-, Eichen-, Eibe- und Lotosholz dazu. Ein Bild des Kyllenischen Hermes war aus Thyonbaumholz. Später werden Elfenbein und Holz zusammen verwendet, letzteres mit Gold und Farbe verziert, so das Standbild der Athene zu Aegina, aus Holz und Marmor war eine Pallas zu Korinth. Kleine mit Gold ausgelegte Figuren von Zedernholz werden in den Schatzhäusern von Olympia erwähnt.

    

Der Profanbau der historischen Zeit war im Gegensatz zu den Tempel- und Staatsbauten sehr bescheiden. Die politische Tätigkeit nahm den Bürger allzusehr in Anspruch, die Männer kamen meist nur zum Schlafen und Essen nach Hause und legten keinen großen Wert auf ein stattliches Heim. Der demokratische Sinn duldete auch keine Überhebung. In Sparta waren die Häuser roh gezimmert, nach dem Gesetz des Lykurgos (880 n. Chr.) durften zur Herstellung von Decken und Türen keine anderen Werkzeuge als Beil und Säge verwendet werden. Wie primitiv diese Hausbauten waren, geht aus einer Erzählung hervor. Die spartanischen Könige Leotychides und Agesilaos bewunderten einst im Hause ausländischer Gastfreunde das sorgfältig geschnitzte Zimmerwerk und frugen naiv, ob denn bei ihnen die Bäume eckig wüchsen? Später indessen haben die Griechen für die innere Ausstattung ihrer Wohnungen doch Bedeutendes geleistet. Die aus Holzbalken schlicht gezimmerten Decken wurden mit Schnitzwerk, Farbe und Täferwerk verziert. Die Dächer waren aus behauenem Holz hergestellt und mit Stroh, Rohr oder Ziegeln gedeckt. Auch das Geschirr war vielfach aus Holz. Die Öffnungen des Hauses wurden verschlossen durch zweiflügelige Holztüren und hölzerne Läden.

    

Kunstgewerbliche Arbeiten aus Holz besitzen wir nur wenige aus dem Altertum. Jedoch beweisen sowohl die literarische Überlieferung als Bilder von Möbeln und Geräten auf den Darstellungen antiker Vasen und Wandgemälde, daß das Kunstgewerbe sich der Holzverarbeitung in hervorragendem Maße bemächtigt hatte. Die Drechslerarbeit fand besonders an den Hausmöbeln Verwendung und stand, wie die Bilder lehren, schon im sechsten Jahrhundert v. Chr. auf einer hohen Stufe der Vollendung. Im fünften Jahrhundert ist die Furnierung nachweisbar. Aus dem Ende dieses Jahrhunderts stammen in der Krim gefundene Furnierhölzer von einem Sarkophag, mit wundervoll eingeritzten und bemalten Zeichnungen.

    

Die besten uns erhaltenen Holzarbeiten stammen fast ausnahmslos aus der Krim und aus Ägypten. Mehrere Dutzend zum Teil vortrefflich erhaltene hölzerne Särge sind uns vom fünften Jahrhundert v. Chr. ab bis in das erste unserer Zeitrechnung erhalten und geben von der Technik eine bessere Vorstellung als sie eine noch so gute bildliche und literarische Überlieferung zu geben vermag. An den beiden Hauptformen, Kasten- und Haussarkophagen, die mit vollkommener Beherrschung der tischlermäßigen Fertigkeiten gearbeitet sind, ist Schmuck in überreicher Fülle verwendet. Bald sind in bunter Bemalung Blüten, Rankengebilde und figürliche Darstellungen aufgesetzt, bald aus Holz geschnitzte und mit Blattgold überzogene Darstellungen. Andere Holzzierarten sind mit weißem Überzug versehen und dann bemalt. Hier finden wir feine Intarsien aus Holz und Elfenbein, wie sie primitiver schon aus dem siebten und sechsten Jahrhundert v. Chr. bekannt sind.

 

In Rom

 

im alten Italien waren die Vorbedingungen für den gemischten Holz- und Steinbau von jeher vorhanden. Leider geben über das verwendete Holz nur noch verkohlte Reste in Pompeji Kunde. Es fanden sich Nußbäume, Eichen, Kastanien, Buchen, Fichten, Lärchen, Eschen, Pappeln, Linden, Kiefern, Zypressen und Zedern. Über die Haltbarkeit der Hölzer sagt Plinius († 79 n. Chr.), daß diejenigen, die den besten Geruch haben, auch von Dauer seien. Am besten hielten Eibenbaum, Zypresse und Zeder und als Beweis diene das Dach des Dianentempels zu Ephesus, das aus Zedernbalken besteht; weiter die aus Zypressenholz hergestellten Türflügel daselbst, welche, obgleich vierhundert Jahre alt, noch wie neu aussähen. Vier Jahre, sagt Plinius weiter, hätten diese in den Leimzwingen gestanden! Ferner das Holzwerk aus numidischen Zedern am Apollotempel in Utica, das schon 1178 Jahre ausdauere. Die Balken von Wacholder des Dianentempels in Sagunt, welche schon 200 Jahre vor der Zerstörung Trojas eingelegt seien, dauerten zur Zeit noch!

    

Von Fäulnis und Alter würden nicht angegriffen Zypresse, Zeder, Buchs, Taxus, Wacholder und Olive und sehr spät erst Lärche, Wintereiche, Korkeiche, Kastanie und Walnuß; keine Risse erhielten Zeder, Zypresse, Olive und Buchs, was wohl nur dann zutreffen würde, wenn diese Hölzer technisch ganz raffiniert, ihrer Eigenart entsprechend, verwendet worden wären.

    

Über die Größe und das Alter der Bäume erfahren wir, daß zum Beispiel auf einem Hügel in der Nähe Roms eine Steineiche von etwa 10 m Umfang stand und daß ebenfalls eine Steineiche auf dem vatikanischen Berge gezeigt wurde, deren Alter das der Stadt übertreffe; sie trug eine Inschrift mit ehernen etruskischen Lettern.

    

Tiber stellte einen Lärchenstamm von 36 m Höhe aus, der gleichmäßig 60 cm dick war; ein Balken, der beim Bau des Diribitoriums übrig blieb, hatte 45 cm Dicke und 30 m Länge. Bei dem Schiffe, das Caligula zur Überführung eines Obelisken bauen ließ, befand sich eine Weißtanne, deren Stamm vier Männer kaum umspannen konnten und der mit etwa 13000 Mark bezahlt wurde. Zedern von ähnlicher Größe werden auf Zypern erwähnt.

    

Die von den Engländern neuerdings befolgte Praxis, im Safte gefälltes oder grünes Holz zum Schiffbau zu verwenden, wurde von den Römern schon geübt. Publius ging sechzig Tage nach der Baumfällung mit seiner Flotte unter Segel, Scipio im zweiten punischen Kriege vierzig Tage nach der Fällzeit.

    

Als die rechte Zeit zum Fällen des Bauholzes zu Hochbauzwecken bezeichnen Vitruv und Plinius die Tage vom Herbst bis zum Frühjahr (vom längsten Tage bis zum Erscheinen des Westwindes). Wo es möglich, befolgen wir heute noch dieselbe Regel; ihr Einhalten hängt von lokalen Verhältnissen ab. Der rasche Umsatz des Holzes zu Geld hat auch hier noch ein Wort mitzusprechen.

    

Auch auf den Stand des Mondes wollen die Beiden Rücksicht genommen wissen, indem sie die Zeit zwischen dem zwanzigsten und dreißigsten Tage des Monats für die geeignetsten erachten. Am besten eigne sich für das Fällen des Rundholzes die Zeit, in welcher die Bäume knospen, weil später die Rinde unablösbar würde.

    

Als Art der Fällung wird geraten, den Baum bis zum Kern einzuschneiden, damit der Saft heraustrocknen kann und dann erst soll er vollends gefällt werden.

    

Cato, »in allen Erfahrungssachen der bedeutendste Mann«, rät: Rühre kein Bauholz an als bei neuem Licht und wenn der Mond halb ist; alsdann darfst du es aber weder ausgraben noch am Boden abhauen; am besten schafft man es an den nächsten sieben Tagen, in denen der Mond voll ist, heraus. Jedenfalls hüte dich, daß du Holz beschlägst oder fällst oder anrührst, wenn es nicht trocken oder wenn es gefroren oder betaut ist.

    

Von Werkzeugen finden wir Sägen, Fuchsschwänze, Hobel, Bohrer, Holzdrehbänke, die ziemlich genau schon so konstruiert waren wie die unsrigen. Die berühmte Rheinbrücke Cäsars und die Donaubrücke des Kaisers Trajan, welche aus Geradholz und Bohlenbogen hergestellt waren, lassen uns die Römer als Meister im Zimmerhandwerk erkennen. Schon von den Vorfahren der Römer, den Etruskern, wird gemeldet, daß sie im Brückenbau ganz raffinierte Erfahrungen verwendeten. Als die sublizische Brücke über den Tiber einst zerstört werden mußte, um dem Feind das Eindringen in die Stadt zu verwehren, erbauten sie diese neue Brücke ohne Nägel. Die Verbindung wurde so eingerichtet, daß man alle Teile rasch herausnehmen und wieder einlegen konnte. Über den Schiffbau folgt ein eigenes Kapitel.

    

Im Hausbau der Römer wurde stark Holz verwendet. Die Häuser der einfacheren Leute waren Fachwerkbauten, die bei Bränden, wie Vitruv sagt, als Fackeln wirkten. Die Decken auf den vornehmeren Häusern waren aus behauenen und gehobelten Balken und blieben sichtbar. Bei den Dächern finden wir allenthalben das Pfettendach mit durchgehenden Rundbalken. Der innere Hausbau beanspruchte ebenfalls viel Holz für Fußböden, Türen, Fensterverschlüsse und Treppen. Aus Pompeji sind kunstvolle Gipsabgüsse von Holztüren erhalten, die das Prinzip der modernen gestemmten Schreinerarbeiten zeigen, ebenso sind dort hölzerne Fensterrahmen nachgewiesen. Die Treppen bei öffentlichen Bauten waren meist aus Stein, in den einfacheren Häusern finden sich steile, leiterartige Holztreppen, unbequem und unbeholfen. Als Merkwürdigkeit ist anzuführen, daß sich in Pompeji Abortsitze aus Marmor vorfinden.

    

Das Mobiliar der armen Römer war ebenso einfach und bescheiden, wie das der reichen Herren prunkvoll und feierlich war. Für die Tische bildeten starke, elastisch geschwungene Löwenfüße meist die Stützen, die großes kunstgewerbliches Können aufweisen. Die beweglicheren Geräte, Speisebetten, Stühle und Bisellien aus Holz und Metall lassen ebenfalls feine Beherrschung der Kunstform erkennen. Die Speisebetten – der Römer saß nicht, sondern lag zu Tische – waren in der Hauptsache aus Holz, an den Vorder- und Seitenteilen reich mit Bronze beschlagen und mit Silber eingelegt. Auch Reliefs aus Holz wurden beliebt.

 

Der älteste Holzfachverein

 

Im alten Rom wurde zur Zeit der Frühlingsnachtgleiche am 22. März eine mit Wollbinden umwickelte und mit Veilchen geschmückte Fichte feierlich umhergetragen und mit großem Pomp zum Palatintempel gebracht. Diese Fichte sollte ein uraltes Götterwesen, den Attis, vorstellen, der einst ewige Keuschheit geschworen hatte, sich aber auf ungewöhnliche Weise ums Leben brachte, als ihm die Einhaltung des Schwurs unmöglich wurde. Die Träger dieses Baumes, die Dendrophoren, bildeten schon früh den Verein von Baumträgern. Der Zweck war also im Grunde ein religiöser, aber es war ein richtiger Verein, der jahrhundertelang am Leben war. Die Baumträger führten den Namen Dendrophoren, und der Dendrophoren-Verein ist sicher der älteste Holzverein der Welt. Es ist auch nachgewiesen, daß er Hunderte von Zweigvereinen in allen größeren Städten des römischen Reiches hatte. Wie Paulys Realenzyklopädie der klassischen Wissenschaften zu entnehmen ist, waren die Mitglieder Holzfuhrleute, Holzhauer und Holzhändler in trautem Verein. Mit den »fabri« lag ihnen auch der Feuerlöschdienst ob, der ganz militärisch organisiert war. Sie nahmen in den römischen Städten eine angesehene Stellung ein, ihr Verein war ein Kollegium, eine Art Behörde, und eine weitere Aufgabe, die aus dieser Stellung erwuchs, war die Lieferung des Holzes für den öffentlichen Dienst und für die Bäder. An der Spitze stand als Protektor der Patron, eine hochgestellte amtliche Person, dann der Vorsitzende, Magister (Meister) genannt, der ein Jahr lang fungierte, der Schatzmeister war der curator, der Kassenprüfer der quaestor, und es heißt, daß die Vereinskassen namentlich infolge öffentlicher und privater Zuwendungen, besonders nach Brandfällen, große Summen aufwiesen. Auch ein eigenes Vereinslokal, schola (Schule) genannt, hatten sie, das da und dort sogar prunkvoll mit Säulen und Statuen geschmückt war. Von Vereinsversammlungen wird nichts berichtet, aber allmonatlich hielten sie dort Vereinsfestmahle ab, bei denen es gut herging, zumal regelmäßig der Überschuß der Kasse verteilt wurde. Jährlich fand auch ein Totenopfer für die verstorbenen Kollegen statt, deren Gräber ebenfalls auf Vereinskosten geschmückt wurden. Einen Syndikus hatten sie nicht, aber einen Gott als Schutzpatron, und zwar den Waldgott Silvanus, den Spender des von ihnen bearbeiteten Holzes. Das schönste aber ist, daß sie wegen des halbkirchlichen Charakters von Steuern befreit waren. Aber gerade deswegen wurden sie mit dem Eintreten des Christentums in die Kultur um 415 n. Chr. aufgelöst und ihr Vermögen eingezogen. Mit den Dendrophoren wurden in Rom gemeinsam genannt die fabri lignarii, das heißt Holzhandwerker überhaupt, die sich näher unterschieden als artifex (Werkmeister) und opifex (Handwerker). Weitere Unterschiede waren die fabri intestinarii, die Verfertiger feiner Tischlerarbeit, die eborarii, die Bearbeiter von Elfenbein, die alle Mitglieder des Holzkollegiums werden konnten. Hervorgegangen war der ganze Stand aus dem Sklavenvolk; die strebsamen Freigelassenen, die sich in ihrem Geschäft ausbildeten, kamen in die Lage, einen eigenen Hausstand zu gründen. Weiter werden genannt die tignarii, die Zimmerleute und Bauhandwerker, aber auch andere Leute wurden in den Verein aufgenommen, so zum Beispiel in Arelate ein Mann, der eine Art von Wasseruhren verfertigte, anderswo ein Salbenhändler, ein Goldschmied, es wurde also nicht ganz streng der »hölzerne« Charakter des Verbandes festgehalten. Das Nähere über das Wesen und die Tätigkeit dieser Holzvereine auszudenken, ist der Phantasie des geneigten Lesers überlassen.

 

Bau von Holzschiffen

 

Der Urbeginn des Schiffbaus ist mit den ersten Bedürfnissen der Urmenschen entstanden. Die Anfänge waren jedenfalls höchst bescheiden. Die ersten »Boote« bestanden nur aus aneinander befestigten Baumstämmen, ohne Plan und Regel zusammengesetzt. Wie lange wird der Mensch nur gebraucht haben, um die für den Bau von Schiffen geeigneten Hölzer herauszufinden, die Dauer, Stärke und Festigkeit garantierten. Die Ägypter mußten sich mit dem zähen, knorrigen Sykomoren- und Akazienholz begnügen, während die Phönizier, Griechen, Römer und die nordischen Völker den entsprechenden Holzvorrat hatten, um Schiffe aus Eichen-, Buchen-, Erlen-, Eschen- und Fichtenholz bauen zu können. Abbildung 5 zeigt uns den Bau eines ägyptischen Schiffes aus kurzen Planken.

    

Die Geschichte der Schiffahrt fällt aufs engste zusammen mit der Geschichte der Kultur und der Völker überhaupt. Jahrtausendelang wurden Schiffe ausschließlich aus Holz erbaut, bis um die Mitte des 19. Jahrhunderts eine völlige Umgestaltung eintrat. Wir können uns auch hier leider nur einen kurzen Blick in die überaus fesselnde Geschichte des Schiffbaues gestatten. Die wenigsten Menschen ahnen, welche Mengen von Schiffen die Welt schon in den Zeiten der ältesten Kultur sah. Die ältesten Seefahrer waren die Phönizier, deren Schiffe schon um die Mitte des 2. Jahrtausends v. Chr. von Tyrus nach Sydon, nach Zypern, nach Rhodos, ja bis nach Nordafrika und Südspanien liefen, beladen mit Kupfer und Bauholz. Für Südspanien bauten die Phönizier besonders große Schiffe, die Tertessosfahrer, von deren Lob das Alte Testament voll ist. Die Griechen haben schon Schiffbau nicht nur für sich, sondern auch für andere betrieben. Der Korinther Ameinokles hatte ums Jahr 700 schon eine Schiffswerft. Die Seefahrt des Odysseus ist weltberühmt. Im 5. Jahrhundert n. Chr. war die athenische Schifffahrt jedenfalls schon auf hoher Blüte, und man unterhielt lebhafte überseeische Beziehungen. Dagegen war die römische Schiffahrt lange unbedeutend, erst als nach Sullas Tod das Seeräuberunwesen unerträglich wurde, als Tausende von Korsarenschiffen an den italienischen Küste landeten, Städte plünderten, Tempel beraubten und Menschen für Sklavenmärkte raubten, raffte sich Rom auf. Es dauerte aber gegen zwanzig Jahre, bis der berühmte Pompejus eine genügend große Flotte hatte. Im Jahre 67 v. Chr. säuberte er damit in drei Monaten durch geschickte Verteilung seiner 2500 Schiffe die Gewässer des Mittelmeeres von den Piraten, die er schließlich in einem Netz umgarnte und in einer großen Seeschlacht endgültig schlug. Nicht weniger als 1300 Piratenschiffe mit 10000 Mann wurden vernichtet, 400 Schiffe und 20000 Mann fielen in die Hand des Siegers. Nach einer Schätzung waren nicht weniger als 6000 Holzschiffe bei dieser Seeschlacht am Werk. Die Römer waren dann auch jahrhundertelang dank ihrer Flotte die Beherrscher der Welt. Als die nordische Welt sich dagegen zu wehren begann und namentlich die germanischen Stämme immer mehr Fühlung mit Rom nahmen, verbot Kaiser Theodosius im Jahre 419 bei Todesstrafe, die »Barbaren« in die Kunst des Schiffbaues einzuführen. (Wer denkt dabei heute nicht an das Verbot des Flugzeugbaues in Deutschland?) Das Verbot war zwecklos, da die Vandalen, der berühmteste ostgermanische Stamm unter König Genserich im Jahre 439 Karthago eroberten, das mit seinen großen Schiffsarsenalen, Werften und Schiffsmaterialien bald die Stütze der vandalischen Flotte wurde. Die Vandalen bauten gegen 400 leichte Schnellsegler, die jeder etwa 40 Mann faßten. Die Flotte des Königs Theodorich bestand um 536 schon aus über 1000 Schiffen, deren Stützpunkt Ravenna war. Karl der Große besaß eine Flotte, die von der Nordsee und der Kanalküste über Aquitanien, Septimanien und die Provence (Rhone) die ganze italische Westküste entlang bis nach Rom herrschte. Noch viel bedeutender aber war der Schiffbau in England. Der Begründer der englischen Flotte war König Alfred der Große (871–901). Er und sein Nachfolger Edgar stellten drei große Geschwader auf an der Nordsee, am irischen Kanal und an der Nordküste Schottlands. Auch die Skandinavier blieben nicht faul. Berühmt ist ihre »Wikingerflotte«. König Hakon von Norwegen (935–951) organisierte den Schiffbau sehr großzügig, indem er die Einteilung der Küstengebiete in »Reeden« befahl; jede Reede (Landkreis) mußte ein Schiff bauen, sogenannte 20- bis 30-Bänker, die mit 100 Mann besetzt wurden. 300 Reeden erstellten somit eine Flotte von 300 Schiffen, die mit 30000 Mann besetzt wurden. Beim Schiffbau selbst unterschied man Zimmerleute, welche Steven, Kiel und Spanten erstellten, Plankenarbeiter, die die Planken bearbeiteten und das Schiff fertig machten. Berühmt ist Olav Tryggvassons Drachenschiff aus dem Jahr 999. Als Werkzeuge werden benannt Axt, Hohlmeißel, Messer, Hammer, Zange, Feile, Hobel, dagegen keine Säge.

    

Über die verschiedenen Schiffsarten handelt eine große Literatur. Zum Besten gehören: Vogel, Geschichte der Seeschiffahrt; für die Antike: Köster, Das antike Seewesen, Berlin 1923. Dem letzteren Werk ist die Abbildung 7 entnommen. Erhalten ist uns von diesen Schiffen der ältesten nordischen Zeit keines. Wohl aber ist eine Mitteilung des bekannten Polar- und Grönlandforschers Dr. Knud Rasmussen interessant, wonach bis Mitte 1927 unbekannt war, daß die losen Balken, Bretter und zerbrochenen Holzteile, die im Keller des Nationalmuseums zu Kopenhagen herumliegen, tatsächlich die Einzelbestandteile des ältesten Schiffes des Nordens und zugleich der ganzen Welt darstellen. Merkwürdig mutet die Geschichte an, wie das kulturhistorisch wertvolle alte Fahrzeug in den Rumpelkeller des Museums gekommen ist. Merkwürdig um so mehr, als das Schiff auf deutschem Grund und Boden gefunden durch den unbegreiflichen politischen Starrsinn eines nordschleswigischen Ackerbauern dem Museum für Völkerkunde in Berlin entzogen und in dänische Hände gespielt wurde.

    

Vor etwa 35 Jahren fand der betreffende Bauer in dem Flecken Hirschsprung (jetzt Hjortspring) auf der Insel Alsen Holzteile in seinem Acker, die sich bei näherem Zusehen als die Bestandteile eines uralten Schiffes ergaben. Der Bauer besaß zwar keine Schiffskenntnisse, ahnte aber doch, daß es sich hier um einen wertvollen Fund handelte. Statt den Fund den schleswig-holsteinischen Behörden oder den Berliner Museen mitzuteilen, grub der Bauer aus politischer Feindschaft gegen das Deutschtum das Schiff wieder ein und versteckte es über drei Jahrzehnte lang in der Ackererde. Daß diese Behandlung dem einmal bloßgelegten Schiffe hinterher wenig zuträglich war, kann man sich denken.

    

Dreißig Jahre später wurde Nordschleswig an Dänemark abgetreten. Kurze Zeit danach machte der Bauer dem Kopenhagener Nationalmuseum Mitteilung von dem Funde. Der Konservator des Museums, Rosenberg, kam nach Alsen, untersuchte den Fund und stellte im Zusammenwirken mit anderen Kulturhistorikern fest, daß es sich hier um das älteste Schiff der Welt handelte, viel älter noch als das Gogstad-Schiff oder das Osebjerg-Schiff in Norwegen, die als die beiden ältesten germanischen Fahrzeuge gelten.

    

Das Schiff wurde in Einzelteilen nach Kopenhagen transportiert, und im April 1927 lag es noch in elenden Stücken und Stumpen in allen Ecken des Kellers im Nationalmuseum umher, zerfallen und verwahrlost. Bei weniger Starrköpfigkeit des Finders wäre das Schiff wohl schon vor Jahrzehnten in Deutschland rekonstruiert und durch sorgsame Museumspflege gerettet worden. Hoffentlich gelingt die Wiederherstellung.

 

Die nordischen Länder

 

Die älteste Geschichte der nordischen Länder Schweden, Norwegen und Dänemark ist in tiefes Dunkel gehüllt. Um so beredter ist die Sage. Aber von da bis zu den ersten Feststellungen wirtschaftlicher Art ist ein unendlich weiter und langer Weg. Was das Holz anbelangt, so hat der große Waldreichtum besonders in Schweden, aber auch in Norwegen sicher von jeher eine lebhafte Betätigung der Bevölkerung zur Folge gehabt. Um zunächst bei der Urgeschichte der Sage zu bleiben, so spielt hier besonders die Esche eine große Rolle. Die Esche war der Weltbaum, unter dem die Götter (Äsen) ihren Rat, das feierliche Thing, abhielten. Das Laubdach der Esche verbreitete sich über die ganze Erde. Die Wurzel geht zu einem Brunnen, in dem Mannesweisheit verborgen ist. Die Esche ist das Sinnbild des Weltalls. Die Urbewohner der skandinavischen Länder waren immer schon berüchtigte Seeräuber, die sich aus dem Holzreichtum kleine flinke Schiffe bauten, mit denen sie nahe und weite Räuberfahrten ausführten. Besonders geeignet war das Holz der Eiche wegen seiner Dauerhaftigkeit und Zähigkeit, das Holz der besonders stark vertretenen Kiefer gab von jeher die besten Schiffsmasten, wurde aber auch immer zu Wohnbauten benutzt. Die feinen, langen und sehr zähen Wurzelfasern verstanden die Lappländer zu Schnüren und Bindfaden zu drehen, die auch als Angelschnüre dienten, zum gleichen Zweck dienten die dünnen Wurzeln der Fichten, noch mehr aber der Bast der Linden und Rüstern; Basttaue werden in den ältesten Urkunden als Handelsware genannt. Interessant und noch wenig bekannt ist das Vorkommen von Rotbuchen an der südöstlichen Küste Norwegens. Ein Forstmeister Gloersen schreibt darüber folgendes: Es ist bekannt, daß die Norweger als tüchtige Seefahrer schon in der heidnischen Zeit auf ihren kleinen Schiffen in fremden Ländern herumstreiften, teils als Seeräuber, teils im offenen Kriege, teils als Handelsleute. Auf den dänischen Inseln, in England und Irland fanden sie wohlschmeckende reife Bucheln, die sie mitnahmen und dann an der heimatlichen Küste ausstreuten. Die nördlichste Stelle der Welt, wo Rotbuchen vorkommen, ist Stegen in Norwegen. Eine eigenartige Rolle in der Urgeschichte der nordischen Völker spielte die Eberesche, die überall stark vertreten ist. Sie diente zum Entdecken verborgener Schätze, und die Burschen glaubten, daß ihnen kein Mädchen widerstehen könne, wenn sie ein Stück Ebereschenholz bei sich trügen. In Island glaubte man, jedes Schiff gehe unter, bei dem auch nur ein kleines Stück von diesem Holz verwendet sei. In einem Hause, in dem ein kleines Stück Eschenholz verbaut sei, könne weder Mensch noch Tier gebären, und zwischen den besten Freunden entstehe Feindschaft, wenn sie an einem mit Ebereschenholz genährten Feuer sitzen. Die Eberesche ist dem Gott Thor geheiligt, weil sie ihm einst das Leben rettete. Als Thor einst seinen Freund Geirröd besuchen wollte, mußte er durch das kleine Flüßchen Vimer waten. Unerwartet kam Hochwasser, und zwar, weil Gjalp, die schöne gewaltige Tochter Geirröds, sich wie der Koloß von Rhodos über das Wasser stellt und in dieser Stellung das plötzliche Hochwasser veranlaßte. Nur am Zweig einer herüberhängenden Eberesche konnte sich Thor noch retten. (Schübeler, Die Pflanzenwelt Norwegens). – Die Eibe, die nur noch wenig vorkommt, wurde in alter Zeit mit Vorliebe zur Herstellung von Bogen und Pfeilen verwendet, wie schon in der »Edda« zu lesen. – Die Birke genoß schon zu Heidenzeiten bei den nordischen Völkern besondere Verehrung und wird heute noch die »Fürstin des Waldes« (wie in England: the Lady of the Woods) genannt. Auch viele uralte Sagen und Aberglauben gehen um sie. Auf den »Hexenbirken« reiten die Hexen nach dem Blocksberg, mit Birkenruten wurde der Heiland gepeitscht, weswegen der Baum heute noch seine Zweige traurig hängen läßt. Wer eine Birke beschädigt, wird von Unheil betroffen. Am Weihnachtsabend wird vielfach die Wurzel mit Meth oder Bier begossen. Auch als Druidenbaum war einst die Birke verehrt. Ihr Holz wurde und wird zu Möbeln verarbeitet, die in der eleganten Haushaltung beliebt sind, da die feine Politur sehr gut aussieht. Die häufig vorkommenden Maserknoten wurden in den ältesten Zeiten zu Bowlen- und anderen Trinkgefäßen benützt, auch zu Milchgefäßen, da sie selten platzen; in Ost-Fiomarken, wo Birken besonders groß werden, werden die Stämme zu Bauholz verarbeitet. Besonders reichlich wird Birkenrinde verwendet zu Dachbelegen, zur Herstellung von Gefäßen, Tabaksdosen, von Lappländern als Zigarettendeckblatt, zu Felleisen, Ranzen und Tornistern, zu Schuhsohlen, Pfeifenröhren, Messerheften. Auf Island ist die Birke sozusagen der einzigste Baum, aus dem früher selbst Schiffe gebaut wurden.

 

Amerika

 

Jedermann weiß heute, daß Amerika (im ganzen genommen) schon vor der Entdeckung durch Kolumbus im Jahre 1492 eine hochentwickelte Kultur aufweisen konnte. Zwar haben schon 500 Jahre vorher Normanen, germanische Bewohner Skandinaviens, die auf ihren tüchtigen Schiffen den Zug wagten, Amerika erreicht. Aus dieser Zeit haben wir aber gar keine Nachrichten, am wenigsten solche wirtschaftlicher Art. Die Gebrauchsgegenstände, die von den Spaniern angetroffen wurden, kennen wir, da sich viele erhalten haben. Es sind aber ausschließlich Gegenstände aus haltbareren Materialien wie Holz. Das ungeheure Vorkommen von Nadel- und Edelhölzern läßt aber den Schluß gerechtfertigt erscheinen, daß analog den Leistungen in Stein und Metallen auch die Werke aus Holz, Bauten, Innenräume, Möbel, Heiligtümer, Geräte, Waffen, Kunstgegenstände aller Art dort ihre Meister gehabt haben. Unter den uns erhaltenen mexikanischen Altertümern finden sich neben diesen Dingen aus Stein, Ton, Metall und Gewebe auch solche aus Holz, kleine, mit Skulpturen versehene Pauken und geschnitzte Wurfbretter. Auch von den peruanischen Altertümern sind uns viele erhalten, sowohl Hausgeräte als Industrieerzeugnisse. Den Leichen Verstorbener pflegte man solche Dinge mitzugeben, den Männern Waffen und Werkzeuge, den Frauen Spindeln, Webgeräte und Arbeitskästchen, den Kindern Spielzeuge. Neben Tongefäßen hat man viele Holzgefäße gefunden, Schalen, häufig schön geschnitzt und bemalt, ferner Ohrpflöcke aus Holz, meist durchbrochene Muster mit einer Tierfigur in der Mitte. Aber diese verhältnismäßig bescheidenen Findlinge aus dem Reich der Inka beweisen, daß man mit Holz fein umzugehen verstanden hat.

 

Das Marterholz

 

Ein Buch über das Holz in der Kultur aller Zeiten darf einen dunklen Punkt nicht übergehen, die Tatsache, daß das Holz in der Rechtspflege vieler Zeiten und Völker als Marter- und Todesholz gebraucht wurde: Kreuz, Galgen, Folter und Scheiterhaufen, wie nehmen sie sich aus in einem »Hohen Lied vom Holz«? Das Kreuz aber ist durch den Tod Christi das siegreiche Symbol des Christentums geworden und hat die höchste Verherrlichung erfahren, die je einem armseligen Menschenwerk zuteil geworden ist.

    

Merkwürdig ist, daß man das Kreuz als Straf- und Todeswerkzeug bei denjenigen Völkern des Altertums findet, welche die anderen »an Sitte und Bildung« übertrafen. Bei den Juden findet man die Kreuzigung erst als die Grausamkeiten der syrischen Könige auch dieses Volk verdorben hatten. Die kulturell viel höher stehenden Assyrer, Babylonier, Meder und Pesser mißbrauchten viel früher das Holz zur Menschenmarter und Hinrichtung. Darius ließ nach der Einnahme von Babylon 3000 vornehme Gefangene kreuzigen. Bei den Karthagern wurden besiegte Feldherren gekreuzigt. Der Mazedonierkönig Alexander ließ – trotzdem er den Homer stets unterm Kopfkissen hatte – nach der Einnahme von Tyrus 2000 wehrlose Gefangene ans Kreuz nageln. Die Griechen indessen nahmen diese fürchterliche Straftaten nicht auf. das sei ihnen zum Lob gesagt. Um so mehr die Römer, bei denen sie sich von der einfachsten Art des Instruments bis zum schrecklichsten Marterholz entwickelte. Das »Hängen am Kreuz« war schon bei den Königen üblich. Im Jahre 71 v. Chr. ließ der über die aufrührerischen Sklaven des Spartakus siegreiche römische Feldherr Crassus den Rest derer, die in der Schlacht nicht gefallen waren, sage und schreibe 6000 Männer längs der appischen Straße ans Kreuz schlagen. Wie viele christliche Bekenner unter Kaiser Nero und seinen blutdürstigen Nachfolgern am Kreuze starben, läßt sich nur schätzen. Während im früheren römischen Reich die Kreuzigung nur für bestimmte schwerste Verbrechen zulässig war, war unter den Tigernaturen der Kaiser Nero, Caligula, Caracalla, Tiberius das Kreuz für alle da, die den kaiserlichen Grimm auf sich luden. Der Kreuzestod Christi war bei der formulierten Anklage auf Rebellion der »gesetzmäßige.« Da das Kreuz den Zweck hatte, dem Opfer unter möglichst großen Schmerzen die möglichst gemeinste Beschimpfung anzutun, wurden alle Verurteilten nackt gekreuzigt. Ursprünglich war der erste beste Baum dafür geeignet. Wo er nicht vorhanden war, wurde ein Pfahl errichtet. Die armen Menschen wurden entweder nur angebunden und mußten so langsam verschmachten oder wurden angenagelt an Händen und Füßen, oft genug nur an Händen, was zum schnelleren Tod führte. Das eigentliche Kreuz mit Querbalken an Stelle des einfachen Baumes oder Pfahles kam erst bei den Römern auf, und es liegen große gelehrte Abhandlungen darüber vor, von welcher Form das Kreuz Christi war. Eine andere Form war die des Andreas-Kreuzes, das aus zwei schräg zusammengefügten Balken bestand. Ein erhöhtes Kreuz galt für eine Verstärkung der Strafe. Doch genug von diesem schauderhaftesten aller Strafwerkzeuge. Interessant ist nur, daß unter den Literaten, die sich damit befaßten, auch ein Pfarrer war, Hermann Fulda von Ammendorf bei Halle, der es fertigbrachte, ein ganzes dickes Buch über das Kreuz und die Kreuzigung zu schreiben.

    

Der Galgen war und ist, mit dem Kreuz verglichen, ein verhältnismäßig mildes Todeswerkzeug. Der Tod erfolgt in der Sekunde, wenn auch das Hängen, wenigstens in Deutschland, immer als eine besonders schimpfliche Todesart galt. Der Galgen bestand oder besteht – es wird ja heute noch in anderen »Kulturstaaten« mehr oder weniger fleißig gehängt – entweder aus einem aufrechten Pfosten, in dessen oberes Ende ein Balken rechtwinklig eingreift, oder aus zwei oder drei in die Erde eingelassenen Pfosten mit darübergelegten Querhölzern. So wird heute noch im Orient verfahren. Dieses »Dreiholz« galt in Deutschland als Denk- und Warnzeichen der öffentlichen Macht zur Handhabung der hochnotpeinlichen Gerichtsbarkeit. Nach Tacitus wurden von den Germanen Überläufer und Landesverräter gehängt; ihnen zur Seite Wölfe oder Hunde zur Brandmarkung des schandbaren Charakters des Landesverrats. Im Mittelalter wurde schon der einfache Diebstahl mit dem Galgen bestraft.

    

Die Folterwerkzeuge, die den bedauernswerten Angeklagten einer glücklich vergangenen Zeit das Geständnis ihrer Schuld entlocken sollten, waren ebenfalls meist Holzerzeugnisse, so der Haspel, mit dem die Ärmsten in die Höhe gezogen wurden, die Schraubstöcke, die Streckbank, der gespickte Hase, der spanische Bock und wie diese fürchterlichen Auswüchse menschlicher Grausamkeit alle hießen. Es ist ein schreckliches Kapitel, das wir nach Möglichkeit kürzen. Schlimm genug, daß in Deutschland erst nach dem Vorgang Friedrich des Großen (Kabinettsorder von 1740) die Tortur als »Justizmittel« ein Ende nahm.

    

Von 1230 an wurden in Deutschland und anderwärts zahllose »Hexen« und »Ketzer« verbrannt, ein ebenso abschreckendes wie furchtbares Kapitel menschlichen Wahns. Fast drei Jahrhunderte lang herrschte diese wahnsinnige Geistesepidemie, die ihre Opfer in allen Klassen und Lebensaltern suchte, von dreijährigen Kindern angefangen bis zu Bürgermeistern und Domherren. Die Verurteilungen ergingen manchmal in solcher Zahl, daß eine fünfjährige Untersuchung in Bamberg 600, im Bistum Würzburg 900 Opfer forderte und daß im Braunschweigischen, wie ein Zeitgenosse schreibt, die Pfähle, an welche die Hexen auf dem Scheiterhaufen gefesselt wurden, wie ein Wald anzusehen waren. Genug davon.

 

 Fußnoten

 

1 Nach einer Skizze von Dr. Meier-Böke im »Tag«.

 

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